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TCM: Tai Chi und QiGong

Tai Chi und QiGong sind fließende Bewegungs-, Entspannungs- und Atem-Übungen der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Nach der Theorie der TCM nimmt der Mensch über die Atmung Energie auf, die mittels der Durchblutung im Körper verteilt wird. Eine Intensivierung der Lungenfunktion durch bewussten Einsatz der Bauchatmung kann die Energieaufnahme aus der Luft verbessern. Eine Anregung der Durchblutung durch bestimmte Bewegungen, durch wechselweise An- und Entspannung der Muskulatur an Rumpf, Rücken, Armen und Beinen unterstützt die Verteilung dieser Energie im Körper.

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Hintergründe und Grundidee von Tai Chi und QiGong

Aus naturwissenschaftlicher Sicht kann man dieses Phänomen durch den Sauerstoffgehalt der Atemluft erklären. Das Blut dient als Träger des Sauerstoffs, und der durch Bewegung erhöhte Sauerstoffgehalt verbessert die Durchblutungsfunktion.

Tai Chi ist eine meditative Bewegungsübung, deren Ursprünge in einer Selbstverteidigungstechnik liegen, weshalb es auch als „Schattenboxen“ bezeichnet wird. Allerdings ähneln die Bewegungen eher asiatischen Kampf- und Abwehrtechniken als klassischen Boxbewegungen. Die Grundidee, die vielen Tai Chi-Techniken zugrunde liegt, ist die körperliche Abwehr von krankmachenden Einflüssen auf den Organismus.             

QiGong beinhaltet im Gegensatz zu Tai Chi einfachere und eher symmetrische Bewegungen sowie häufigere Wiederholungen. Beide Techniken können leicht erlernt und sehr schnell eigenverantwortlich angewendet werden. Sie ähneln sich in vielen Aspekten und trainieren beide Leistungsfähigkeit, Atemtechnik, Körperwahrnehmung, Aufmerksamkeit und Entspannung. Es ist daher sinnvoll, sie gemeinsam zu betrachten und zu bewerten.

Verbesserung der allgemeinen Lebensqualität

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass Tai Chi/QiGong die allgemeine Lebensqualität von KrebsbatientInnen verbessert (1). Bei den Studien lag die dafür notwendige Anwendungsdauer bei mindestens 10 Wochen. Tai Chi/QiGong zeigte sich dabei gleich wirksam wie andere Trainingsmethoden (z.B. Stretching) und wirksamer als die Standardtherapie ohne Anwendung einer körperlichen Trainings-Entspannungs-Methode (2). Unklar ist, wie lange die Wirkung von Tai Chi/QiGong nach Beendigung der Übungen anhält.

Verbesserung der Leistungsfähigkeit bei Fatigue (Erschöpfung)

Die Leistungsfähigkeit von KrebspatientInnen kann durch Tai Chi/QiGong-Übungen bereits während der Chemo- oder Strahlen-Therapie deutlich verbessert werden (1, 3). Allerdings scheinen nicht alle Betroffenen in dieser Phase eine Verbesserung der Leistungsfähigkeit zu spüren (4). Wenn Tai Chi/QiGong nach Abschluss der Chemo- oder Strahlen-Therapie angewendet wird, zeigen sich noch bessere Effekte auf die Leistungsfähigkeit.

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Hilfe bei Ein- und Durchschlaf-Störungen

Tai Chi/QiGong kann Ein- und Durchschlafstörungen sowohl während als auch nach Chemo- und Strahlen-Therapie verbessern. Die Wirksamkeit einer Tai Chi-Anwendung über 12 Wochen war vergleichbar mit der einer kognitiven Verhaltenstherapie (5).

Die Verbesserung des Schlafs durch QiGong scheint vor allem durch eine Verringerung der Erschöpfung zustande zu kommen (6). Dieser Zusammenhang ist nach der Logik der traditionellen chinesischen Medizin einleuchtend. Schlafstörungen treten häufig kombiniert mit allgemeiner Erschöpfung auf. Eine gute Schlafqualität wird als Ergebnis einer guten vegetativen Funktion des Körpers gesehen. Diese Funktion ist bei allgemeiner Erschöpfung des Organismus eingeschränkt. Wird der Organismus gestärkt, stärkt das auch die normale Schlaffunktion.

 

Verbesserung der Stimmungslage bei Depressivität

Tai Chi/QiGong verbessert die Stimmungslage von Betroffenen bereits während und auch nach Abschluss einer Chemo- und Strahlen-Therapie im Vergleich zu PatientInnen, die keine spezifische Therapie zur Verbesserung Ihrer Stimmung erhalten (1). Zudem ist Tai Chi/QiGong vergleichbar wirksam wie andere Therapien zur Verbesserung der Stimmungslage, wie z.B. eine Verhaltenstherapie (5). Unklar ist derzeit, ob der Effekt auch anhält, wenn die Übungen nicht mehr durchgeführt werden, und wie lange die Wirkung erhalten bleibt. Tai Chi im Besonderen verbesserte bei Krebsbetroffenen auch eine Angstsymptomatik (3).

Verbesserung des Gleichgewichts

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Bei KrebspatientInnen, die am Kopf bestrahlt werden mussten, verbesserten Tai Chi/ QiGong-Übungen das Gleichgewichtsgefühl und die Standsicherheit im Vergleich zu einer Kontrollgruppe (7).

Gibt es Risiken oder Nebenwirkungen?

Risiken bestehen in der Regel keine. Insgesamt können Tai Chi und QiGong als sehr sichere Verfahren mit einem sehr geringen Nebenwirkungsrisiko bezeichnet werden. In einer großen wissenschaftlichen Analyse zeigten sich keinerlei Hinweise auf Nebenwirkungen. Eine Studie, die speziell bei TumorpatientInnen die Nebenwirkungen untersuchte, zeigte lediglich Hinweise auf leichte und vorübergehende Schmerzen im Bereich des Bewegungsapparates und der Muskulatur, wie sie auch bei einem leichten körperlichen Training zu erwarten sind (1, 8).

Sind Tai Chi und QiGong einfach zu erlernen?

Diese Techniken können von den Betroffenen gut erlernt und selbstständig angewendet werden. Es gibt eine große Zahl von Praxen und privaten Anbietern, die entsprechende Unterrichtseinheiten anbieten. Volkshochschul-Kurse sind eine weitere Möglichkeit. Mittlerweile helfen auch viele Krankenkassen ihren Versicherten, Kurse von entsprechend qualifizierten TrainerInnen zu finden. Anleitungen oder Kurse im Internet sind ebenfalls eine Möglichkeit. Für TumorpatientInnen ist jedoch der persönliche Unterricht in jedem Fall vorzuziehen.

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Zusammenfassung

  • Tai Chi/QiGong-Techniken sind leicht erlernbar und im Alltag anwendbar.
  • Sie können die Lebensqualität bei Krebserkrankungen, die Leistungsfähigkeit, die Schlafqualität, die Stimmungslage und das Gleichgewichtsgefühl verbessern.
  • Das Risiko für Nebenwirkungen ist sehr gering. Wenn überhaupt, sind sie leicht und vorübergehend.
  • Eine Beeinträchtigung der schulmedizinischen Tumortherapie ist nicht zu erwarten.
  • Tai Chi/QiGong-Techniken stellen eine sinnvolle Ergänzung der schulmedizinischen Tumorbehandlung dar.

Worauf Sie bei Tai Chi und QiGong achten sollten:

  • Im Idealfall sollten die Tai Chi/QiGong-LehrerInnen über Erfahrung in der Vermittlung dieser Techniken an TumorpatientInnen verfügen.
  • In jedem Fall sollten mögliche erkrankungsbedingte Bewegungseinschränkungen (z.B. Knochenmetastasen, nicht komplett abgeheilte Operationswunden) offen angesprochen werden, damit bei der Auswahl der Übungen darauf Rücksicht genommen werden kann.
  • Ratsam ist, sich zunächst auf wenige Übungen zu beschränken, die einfach zu Hause wiederholt und täglich angewendet werden können.
  • Sinnvoll ist, die Übungen regelmäßig und langfristig anzuwenden.

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Wenn Sie begleitend zur Tumortherapie selbst etwas für sich tun möchten oder an einer komplementärmedizinischen Beratung interessiert sind, können Sie sich jederzeit beispielsweise an die Beratungsstelle für Komplementärmedizin und Naturheilkunde am Tumorzentrum München wenden.

Literatur:

1: Wayne, P. M. et al. Tai Chi and Qigong for cancer-related symptoms and quality of life: a systematic review and meta-analysis. J Cancer Surviv 2018, 12(2), 256-267

2: Liu, P. et al. The efficacy of Guolin-Qigong on the body-mind health of Chinese women with breast cancer: a randomized controlled trial. Quality of life research 2017, 26(9), 2321-2331.

3: Maria Jesus Casuso-Holgado et al. Mind-body practices for cancer-related symptoms management: an overview of systematic reviews including one hundred twenty-nine meta-analyses. Support Care Cancer. 2022 Dec;30(12):10335-10357.

4: Roger Hilfiker et al. Exercise and other non-pharmaceutical interventions for cancer-related fatigue in patients during or after cancer treatment: a systematic review incorporating an indirect-comparisons meta-analysis.  Br J Sports Med. 2018 May;52(10):651-658.

5: Irwin, M. R. et al. Olmstead, R., Carrillo, C., Sadeghi, N., Nicassio, P., Ganz, P. A., & Bower, J. E. Tai Chi Chih Compared With Cognitive Behavioral Therapy for the Treatment of Insomnia in Survivors of Breast Cancer: a Randomized, Partially Blinded, Noninferiority Trial. Journal of Clinical Oncology 2017, 35(23), 2656-2665.

6: Denise Shuk Ting Cheung et al. Effect of qigong for sleep disturbance-related symptom clusters in cancer: a systematic review and meta-analysis. Sleep Med. 2021 Sep;85:108-122.

7: Shirley S M Fong et al. Balance Performance in Irradiated Survivors of Nasopharyngeal Cancer with and without Tai Chi Qigong Training. Evid Based Complement Alternat Med. 2014; 2014:719437

8: Wayne, P. M. et al. What do we really know about the safety of tai chi?: A systematic review of adverse event reports in randomized trials. Arch Phys Med Rehabil 2014, 95(12), 2470-2483

Eva Kerschbaum

Über Eva Kerschbaum

Eva Kerschbaum studierte Ernährungswissenschaft an der TU München und ist zertifizierte Ernährungsberaterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. ...

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