Heilkräuter_TCM

Die Heilkräuter-Therapie der Traditionellen chinesischen Medizin (TCM)

Während die Akupunktur in westlichen Ländern die bekannteste Methode der TCM darstellt, ist die Heilkräuter-Therapie bei chronischen oder schweren Erkrankungen in China, Japan und Südkorea das mit Abstand wichtigste Therapieverfahren, zusammen mit Empfehlungen zur Ernährung.

Heilkräuter_Therapie_Ginseng

Beispiele für TCM-Heilpflanzen

Bekannte TCM-Heilpflanzen sind zum Beispiel die Ingwerwurzel, die Zimtrinde und die Ginsengwurzel.

Zimtrinde wird aufgrund ihrer wärmenden Eigenschaften vielen Speisen zugesetzt und ist Bestandteil vieler traditioneller Kräuterrezepturen zur Behandlung von Kälte-bedingten Beschwerden.

Die Ingwerwurzel hat wärmende, verdauungsfördernde und allgemein stärkende Eigenschaften und kann eine Chemotherapie-bedingte Übelkeit vermindern. Ingwer findet sich sowohl in Ernährungsempfehlungen, als auch in vielen Kräuterrezepturen (1, 2).

Ginseng ist eine der wirksamsten Heilpflanzen bei allgemeiner und chronischer Erschöpfung und stimuliert das Immunsystem (3,4 und 5).

Anwendungsformen in der TCM

TCM-Kräuter können einzeln eingesetzt werden. Doch die traditionelle und häufigere Anwendungsform ist die Kombination mehrerer Heilkräuter in komplexen Rezepturen aus mindestens zwei Kräutern.

Kombinations-Rezepturen haben folgende Vorteile:  

  • Heilpflanzen mit ähnlicher Wirkung können sich gegenseitig ergänzen, wodurch sich die Dosierung der einzelnen Pflanzen verringert.
  • Pflanzen, die ein Rezept besser verträglich machen, können hinzugefügt werden.
  • Unterschiedliche Therapieziele können in einer Rezeptur zusammengefasst werden.
TCM_Phytotherapie_Heilkräuter

Der Grund für diese Vorgehensweise liegt in der diagnostischen Betrachtung des Patienten nach den Regeln der TCM: Die Voraussetzung einer TCM-Heilkräuter-Behandlung ist immer die individuelle Diagnose der PatientInnen und die Berücksichtigung möglichst aller aktuellen Beschwerden, aber auch der körperlichen Funktionen.

Dazu gehören der Schlaf-Wach-Rhythmus, die Wärme-Kälte-Regulation, die subjektive Wahrnehmung der körperlichen und geistigen Leistungsfähigkeit, Verdauung, Appetit, der Zustand der Haut und der Schleimhäute, die Sehfähigkeit, das Gehör, der Geruchssinn und letztlich auch die allgemeine Stimmungslage.

Jeder Heilkräuter-Verordnung sollte daher eine eingehende Befragung sowie eine Puls- und Zungendiagnose vorausgehen.

Ziele einer TCM-Heilkräuter-Therapie

TCM_Heilkräuter_Therapie

Das Ziel der TCM-Heilkräuter-Behandlung ist, eine möglichst individuelle Therapie auf der Grundlage der speziellen Funktions- und Regulationsfähigkeit der zu behandelnden Person. Manche Betroffene verfügen über eine gute Regulationskraft und große Energiereserven und leiden daher weniger unter einer Tumortherapie; Menschen mit geschwächter Regulationskraft und erschöpften Energiereserven werden durch eine notwendige, aber häufig belastende Tumortherapie hingegen weiter geschwächt.

In dieser Situation kann die Heilkräuter-Therapie der TCM zusätzliche Hilfe bieten, indem sie die individuelle Funktionsfähigkeit eines Menschen stärkt und so dazu beiträgt, dass eine konventionelle, nebenwirkungsbelastete Tumortherapie mit weniger Nachteilen für die Betroffenen durchgeführt werden kann.

Wie werden TCM-Heilkräuter angewendet?

Die Anwendung der Heilkräuter-Verordnungen geschieht traditionell in Form so genannter Dekokte. Darunter versteht man einen konzentrierten Absud oder Tee, der durch das Auskochen der Kräuter über mehrere Stunden gewonnen wird. Bei diesem Prozess gehen die wasserlöslichen Bestandteile der Kräuter in die Flüssigkeit über. Die bei der Dekoktierung gewonnene Flüssigkeit enthält Pflanzeninhaltsstoffe in konzentrierter Form und muss für die Einnahme verdünnt werden.

Modernere Anwendungsformen der TCM-Heilkräutertherapie sind Granulate, Kompaktate oder Tinkturen. Bei jedem dieser Verfahren wird ein möglichst schonender Extrakt der Heilpflanze hergestellt, um die Wirkstoffe zu gewinnen und zu konzentrieren. Die Extrakte werden in Wasser gelöst und eingenommen.

Aufgrund des Extraktions- und Konzentrationsprozesses können geringere Mengen an Wirkstoff-Flüssigkeit eingenommen werden, als es bei den traditionellen Auskochungen der Fall ist.

Da gerade für Tumorpatient:innen viele TCM-Rezepturen geschmacklich problematisch sein können, ist das kompakte Verabreichen bei den Extrakt-Präparaten oft ein Vorteil.

Wie können Tumorpatient:innen von TCM-Heilkräutern profitieren?

Gibt es Studien zu TCM-Heilkräutern?

TCM_Heilkräuter

Für die chronische Erschöpfung, die häufigste Beschwerde von Tumorpatient:innen, existiert in der konventionellen Medizin keine gezielte medikamentöse Behandlungsmöglichkeit. Häufig ist die Erschöpfung zusätzlich mit anderen Beschwerden kombiniert. Durch die individuelle Diagnostik der TCM wird versucht, die Heilkräuter-Therapie an die persönliche Problematik anzupassen. Klinische Studien zeigen, dass durch eine Heilkräuter-Therapie eine tumorbedingte Erschöpfung spürbar gebessert werden kann.

Nebenwirkungen der Chemotherapie auf den Verdauungstrakt wie Appetitlosigkeit, Übelkeit und Erbrechen lassen sich durch TCM-Kräuter lindern, teilweise sogar verhindern.

Tumorbedingte Schmerzen können erfolgreich durch Akupunktur behandelt werden, doch auch die TCM-Heilkräuter-Therapie zeigte sich in klinischen Studien als wirksam.

Ein häufiges Problem stellen neurologische Beschwerden dar, die durch bestimmte Chemotherapeutika verursacht werden, und sich in Form von Missempfindungen, Taubheit, Kribbeln und Schmerzen besonders in Händen und Füßen äußern können.

Durch TCM-Kräuterrezepturen können derartige Nebenwirkungen deutlich verringert, manchmal sogar ganz vermieden werden (6-9).

TCM_Heilkräuter_Therapie_Nebenwirkungen

Neben- und Wechselwirkungen

Nebenwirkungen einer TCM-Heilkräuter-Therapie sind insgesamt selten und leicht. Die häufigsten Nebenwirkungen betreffen den Magen-Darmtrakt in Form von Übelkeit, Blähungen, beschleunigter Verdauung, bis hin zu leichtem Durchfall. Diese Symptome sind in der Regel ein Zeichen von zu hoher Dosierung. Durch eine Verringerung der Dosierung in den Rezepturen lassen sich diese Nebenwirkungen in der Regel schnell beheben. Zudem verursachen der ungewohnte Geruch und Geschmack der Kräutermischungen manchen Menschen Probleme, insbesondere, wenn die Anwendung in traditioneller Form als Dekokt (Tee) erfolgt.

Bei bestimmten Heilpflanzen sind schwere Nebenwirkungen zum Beispiel auf die Leber- und Nierenfunktion und die Blutgerinnung möglich. Heilkräuter können bei falscher Dosierung oder zu langer Anwendung giftige Wirkungen haben. Zudem können sowohl die erwünschten Wirkungen als auch die Nebenwirkungen konventioneller Medikamente durch pflanzliche Rezepturen verstärkt oder abgeschwächt werden.

Zusammenfassung

Die chinesische Heilkräuter-Therapie stellt einen individuellen Behandlungsansatz zur Stärkung geschwächter Körperfunktionen und der Regulationskraft dar und kann daher eine konventionelle Tumorbehandlung sinnvoll ergänzen. Da es sich um komplexe Rezepturen handelt, die auch Wechsel- und Nebenwirkungen haben können, sollte die Verordnung nur durch entsprechend ausgebildete Behandler:innen und immer unter Berücksichtigung der konventionellen Tumortherapie erfolgen.

Worauf Sie bei einer TCM-Heilkräuter-Therapie unbedingt achten sollten:

  • Eine TCM-Heilkräuter-Therapie bietet die Möglichkeit der individuellen Begleitbehandlung einer Tumorerkrankung. Daher sollte sie immer unter Beachtung der aktuellen konventionellen Tumortherapie erfolgen, um ungünstige Wechselwirkungen zwischen den verwendeten pflanzlichen Substanzen und den konventionellen Arzneimitteln auszuschließen und eine möglichst optimale Unterstützung zu erreichen.
  • Eine TCM-Heilkräuter-Therapie ist zur alleinigen Tumorbehandlung nicht geeignet.

  • Die Verordnung von TCM-Heilkräuter-Rezepturen sollte durch Behandler:innen erfolgen, die über eine entsprechende Ausbildung und möglichst über ausreichend Erfahrung in der Behandlung von Tumorpatient:innen verfügen.

  • Die Kosten für eine TCM-Heilkräuter-Behandlung im Rahmen einer Krebserkrankung müssen gesetzlich Versicherte in der Regel selbst tragen. Bei privaten Krankenversicherungen werden die Kosten häufig ganz oder teilweise übernommen.

  • Die Heilkräuter, Granulate, Kompaktate oder Tinkturen sollten nur von entsprechend spezialisierten Apotheken bezogen werden. Diese garantieren die Identität sowie die toxikologische Unbedenklichkeit der Kräuter und sorgen für eine Herstellung der Extrakte nach den pharmazeutischen Vorschriften.

  • Die monatlichen Kosten für eine TCM-Heilkräuter-Behandlung liegen in der Regel zwischen 130 und 180 €. Bestimmte Kräuter wie z.B. die Ginsengwurzel sind teurer als andere, was sich auch auf die Kosten für eine Kombinations-Rezeptur auswirkt. Für die ärztliche Leistung (individuelle Erst-Anamnese, Puls und Zungendiagnostik, körperliche Untersuchung) fallen je nach Zeitaufwand zwischen 65 und 130 € an.

Diese Blogartikel könnten Sie auch interessieren:

Interessieren Sie sich für eine unterstützende Beratung im Bereich Naturheilkunde begleitend zu Ihrer Tumortherapie, dann finden Sie hier den Kontakt unserer komplementärmedizinischen Beratungsstelle.

Literatur zu Heilkräuter-Therapie der TCM:

1: Ryan JL, Heckler CE, Roscoe JA, et al. Ginger (Zingiber officinale) reduces acute chemotherapy-induced nausea: a URCC CCOP study of 576 patients. Support Care Cancer. Jul 2012;20(7):1479-1489.

2: Marx W, McCarthy AL, Ried K, et al. The Effect of a Standardized Ginger Extrakt on Chemotherapy-Induced Nausea-Related Quality of Life in Patients Undergoing Moderately or Highly Emetogenic Chemotherapy: A Double Blind, Randomized, Placebo Controlled Trial. Nutrients. Aug 12 2017;9(8).

3: Cui Y, Shu XO, Gao YT, et al. Association of ginseng use with survival and quality of life among breast cancer patients. Am J Epidemiol 2006;163:645-53.

4: Kim IK, Lee KY, Kang J, et al. Immune-modulating Effect of Korean Red Ginseng by Balancing the Ratio of Peripheral T Lymphocytes in Bile Duct or Pancreatic Cancer Patients With Adjuvant Chemotherapy. In Vivo. May-Jun 2021;35(3):1895-1900.

5: Li X, Yang M, Zhang YL, et al. Ginseng and Ginseng Herbal Formulas for Symptomatic Management of Fatigue: A Systematic Review and Meta-Analysis. J Integr Complement Med. 2023 Feb 1. doi: 10.1089/jicm.2022.0532. Online ahead of print.

6: Fanghua Qi, Lin Zhao, Aiyan Zhou, Bo Zhang, Anyuan Li, Zhixue Wang, Junqing Han. The advantages of using traditional Chinese medicine as an adjunctive therapy in the whole course of cancer treatment instead of only terminal stage of cancer. Biosci Trends. 2015 Feb;9(1):16-34.

7: Ting Zhang, Sheng-lin Ma, Guang-ru Xie, Qing-hua Deng, Zhong-zhu Tang, Xiao-chan Pan, Min Zhang, Su Xu. Clinical research on nourishing yin and unblocking meridians recipe combined with opioid analgesics in cancer pain management. Chin J Integr Med. 2006 Sep;12(3):180-4.

8: Yichen Xu, Xin Shelley Wang, Yanzhi Chen, Qiuling Shi , Tsun Hsuan Chen, Pingping Li. A Phase II Randomized Controlled Trial of Renshen Yangrong Tang Herbal Extract Granules for Fatigue Reduction in Cancer Survivors. J Pain Symptom Manage. 2020 May;59(5):966-973.

9: Schloss J, Colosimo M, Vitetta L. New Insights into Potential Prevention and Management Options for Chemotherapy- Induced Peripheral Neuropathy. Asia Pac J Oncol Nurs 2016;3:73-85.

Eva Kerschbaum

Über Eva Kerschbaum

Eva Kerschbaum studierte Ernährungswissenschaft an der TU München und ist zertifizierte Ernährungsberaterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. ...

Kommentare

Die Heilkräuter-Therapie der Traditionellen chinesischen Medizin (TCM) — 1 Kommentar

  1. Wir nehmen schon seit einigen Jahren TCM Kräuterlinge ein und finden diese sehr hilfreich. Wenig Nebenwirkungen bei Bestrahlungen, bessere Verträglichkeit der Krebsmedikamente. Stärkung des allgemeinen Befindens.

Einen Kommentar hinterlassen:

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.