Krebs nimmt keine Auszeit

Auch in Corona-Zeiten sind Arzt-Besuche wichtig

Alles dreht sich um Corona: Der eine gerät in Panik, der andere kann´s nicht mehr hören, der dritte nimmt´s gelassen. Und alle schwimmen wir irgendwie mit, damit die Welle nicht wieder ansteigt. Durch die Konzentration auf die Pandemie sind andere bedrohliche Wellen, mit denen uns das Leben konfrontieren kann, teilweise aus unserem Blickfeld verschwunden. Dabei gibt es weiterhin viele gefährliche Erkrankungen, die wir im Auge behalten sollten. So beobachtet etwa die Deutsche Schlaganfall-Gesellschaft seit einiger Zeit einen Rückgang der Patientenzahlen. Die Vermutung liegt nahe, dass viele Menschen mit Symptomen zurzeit aus Angst vor einer Corona-Infektion zögern, eine Klinik aufzusuchen. Prof. Dr. Wolf-Rüdiger Schäbitz, der Vorsitzende der Schlaganfall-Gesellschaft warnt: „Ein nicht behandelter Schlaganfall kann (…) zu schwerer Behinderung führen und sogar tödlich enden.“ (1)

Und wie verhält es sich mit Krebs?

Akute, lebensbedrohliche Beschwerden wie bei einem Schlaganfall oder Herzinfarkt sind bei einer Krebserkrankung eher selten. Meist ist es ein schleichender Prozess, der mal schneller, mal langsamer verläuft, je nach Art des Tumors. Die Diagnose „Krebs“ erfolgt oft nach einer Vorsorgeuntersuchung oder durch einen Zufallsbefund; manchmal liegen die Beschwerden schon länger vor, sind aber unspezifisch wie Müdigkeit oder Magen-, Darm- oder Rückenbeschwerden. Ist der Gang zum Arzt bei solchen Symptomen schon in normalen Zeiten nicht selbstverständlich, so wird er in der derzeitigen Lage unter Umständen aufgeschoben oder ganz gestrichen.

Aber: „Krebs nimmt keine Rücksicht auf die Corona-Krise! Patienten sollten daher keinesfalls zögern, verdächtige Symptome abklären zu lassen“, appelliert Professor Dr. Michael Baumann, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums (2).

Zudem waren Vorsorgeuntersuchungen wie das Brustkrebs-Screening den gesamten April vollständig ausgesetzt. (3)  Daher sei laut der  DGHO (Deutsche Gesellschaft für Hämatologie und Onkologie) mit einem Anstieg von Neudiagnosen im Sommer und Herbst zu rechnen.  Es lägen „zwar noch keine vollständigen Auswertungen zur Zahl von Krebspatienten in Kliniken und Praxen vor. Es sei aber als Tendenz zu beobachten, dass die Zahl der im Frühstadium diagnostizierten Tumore wie Darm- oder Brustkrebs zurückgehe.“

Das bedeutet: Der Krebs nimmt keine Auszeit, er wird derzeit nur weniger oder später diagnostiziert, was negative Auswirkungen auf die Behandlung und die Heilungschancen haben kann.

Eine ähnliche Tendenz zeigt sich auch im wöchentlichen Bericht der neu gegründeten Corona Taskforce, zu der sich die Deutsche Krebshilfe, die Deutsche Krebsgesellschaft und das Deutsche Krebsforschungszentrum zusammengeschlossen haben. Sie richtet ihr Augenmerk speziell auf die Versorgung der aktuellen Krebspatienten und kommuniziert mit der Politik, um „Versorgungsengpässe und -einschränkungen im Sinne der Patienten frühzeitig zu erkennen“ (2) und ihnen entgegenzuwirken. Auslöser für diese Taskforce waren die zunehmenden Anfragen besorgter Krebspatientinnen und -patienten bei onkologischen Informations- und Beratungsdiensten. Diese deuteten darauf hin, dass aufgrund der Corona-Krise bei einzelnen Betroffenen diagnostische Maßnahmen oder Therapien verkürzt oder verschoben wurden. In Einzelfällen wurden sogar dringliche Behandlungen ausgesetzt (2).

Parallel zu den Engpässen von Seiten der Ärzte und Kliniken verhalten sich auch Krebspatienten zögerlicher in der Wahrnehmung von Terminen, wie z.B. Nachsorgeuntersuchungen.

Auch wir bekommen in unserer Beratungsstelle verstärkt Nachfragen zu Themen wie: Muss ich Termine wahrnehmen? Soll ich überhaupt dafür das Haus verlassen? Wie gefährdet bin ich bezüglich einer Corona-Infektion? Die Sorge unserer Patientinnen und Patienten ist nachvollziehbar, denn auch wir raten ja immer wieder, genau abzuwägen, wie oft und weshalb man als Gefährdeter das Haus verlassen sollte.  Und ein Arzttermin erfordert zweifellos, sich aus dem Hause zu begeben. (2) 

Doch hierbei ist es wichtig, zu unterscheiden. Arzttermine sind in der Regel sehr wichtige Termine. Bei Unsicherheit, ob er wirklich notwendig ist, sollte man unbedingt mit dem behandelnden Arzt Rücksprache halten und nicht einfach absagen. Wichtige Nachsorgetermine oder auch Tumortherapien werden sowohl ambulant als auch stationär fortgeführt. Praxen und Ambulanzen haben große Anstrengungen unternommen, die Therapien mit räumlicher und zeitlicher Distanz zwischen den Patienten durchzuführen. Die DGHO weist daraufhin, dass die bisher verfügbaren Daten kein erhöhtes Ansteckungsrisiko bei onkologischen Patienten nachweisen. (2) Sie betont eindringlich, dass für die allermeisten Patienten der Krebs «eine weitaus größere Gefahr für ihr Leben» darstellt als Covid-19 (4).

Um der Verunsicherung vieler Krebspatienten und -patientinnen entgegenzusteuern, haben sowohl der Krebsinformationsdienst als auch das „Infonetz Krebs“ ihre Kapazitäten verstärkt und beraten unter folgenden Nummern :

  • Krebsinformationsdienst: 0800 – 420 30 40 , täglich von 8 bis 20 Uhr, Anruf kostenlos
  • Infonetz Krebs der Deutschen Krebshilfe: 0800 80708877, Montag – Freitag von 8 bis 17 Uhr

Zudem wurde ein eigenes Chatforum für Fragen rund um Corona und Krebs eingerichtet. Ärztinnen und Ärzte des Krebsinformationsdienstes, des Deutschen Krebsforschungszentrums sowie Mitarbeiter des Sozialdienstes vom Nationalen Tumorzentrum (NCT) beantworten Ihre Fragen dort von Montag-Freitag von 15-17 Uhr.

https://www.krebsinformationsdienst.de/aktuelles/2020/news022-chat-angebot-corona-covid19-krebs.php

Auch wir als Beratungsstelle stehen Ihnen bei Fragen gerne zur Seite. Sie können uns entweder unter Angabe Ihrer Telefonnummer auf den Anrufbeantworter sprechen 089-4400 53351 oder Sie schreiben uns eine E-mail an:

Frau Dr. Riedner: carola.riedner@med.uni-muenchen.de

Frau Amann: angelika.amann@med.uni-muenchen.de

Und so raten wir Ihnen im Sinne von Jon Kabat Zinn:

Du kannst die Wellen nicht aufhalten – aber du kannst lernen zu surfen.

Quellen:

(1) https://www.dsg-info.de/presse/pressemeldungen/2-nachrichten/allgemeine-nachrichten/538-auch-in-krisenzeiten-schlaganfallsymptome-ernst-nehmen.html

(2) https://www.dkfz.de/de/presse/pressemitteilungen/2020/dkfz-pm-20-31-Corona-Task-Force-warnt-weiterhin-vor-zu-spaet-diagnostizierten-Krebserkrankungen.php

(3) https://www.kbv.de/html/1150_45157.php

(4) https://www.pharmazeutische-zeitung.de/krebs-ist-die-groessere-gefahr-117580/


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