Rehabilitation bei Krebserkrankungen

Bei Krebserkrankungen ist die Rehabilitation (kurz: Reha) neben der medizinischen Krebsbehandlung ein häufiger und wichtiger Bestandteil der Krebstherapie. Sie soll dabei helfen, die körperlichen und seelischen Folgen einer Krebserkrankung zu lindern bzw. zu beseitigen. Für Berufstätige hat eine Reha zudem das Ziel, dass die Patient:innen wieder in den Beruf zurückkehren können (Reha vor Rente). Menschen, die bereits in Rente sind, können jedoch ebenfalls eine Reha beantragen. Der Grund hierfür ist die Vermeidung von Pflegebedürftigkeit (Reha vor Pflege).

Aus unserem Beratungsalltag wissen wir, dass zum Thema Rehabilitation bei Krebs immer viele Fragen auftauchen. Aus diesem Grund möchten wir Ihnen mit diesem Artikel einen Überblick zu diesem Thema verschaffen.

Formen der Rehabilitation

Reha-Einrichtung

Onkologische Rehabilitationsleistungen werden in der Regel stationär in einer Reha-Einrichtung durchgeführt. Es gibt grundsätzlich auch die Möglichkeit, eine Reha ambulant durchzuführen; für ambulante onkologische Rehas ist uns allerdings im Raum München derzeit kein Angebot bekannt. Normalerweise beträgt die Dauer einer Reha drei Wochen. Je nach Diagnose und Behandlungsverlauf kann die Leistung aber auch verlängert werden.

Für Menschen mit Krebserkrankungen sind meist zwei verschiedene Reha-Formen relevant, die sich vor allem bezüglich des Zeitpunkts und der Art der Beantragung unterscheiden: die Anschlussrehabilitation (AHB) und „normale“ onkologische Rehabilitation.

Anschlussrehabilitation

Die Anschlussrehabilitation (AHB) ist dadurch gekennzeichnet, dass sie möglichst unmittelbar (innerhalb von 14 Tagen) auf eine onkologische Erstbehandlung (z.B. Operation, Bestrahlung) folgt. Die AHB muss ärztlich eingeleitet und verordnet werden. Bei Krankenhausaufenthalten erfolgt dies über den Kliniksozialdienst, bei ambulanter Behandlung über die Strahlen- bzw. Arztpraxis. Die AHB kann demnach nicht wie die „normale“ onkologische Reha eigenständig mit Formularen beantragt werden, da diese ausschließlich vom Fachpersonal auszufüllen sind. Erfolgt der Beginn der AHB aus diversen Gründen (z.B. keine kurzfristige Aufnahmekapazität in einer Reha-Einrichtung) nicht innerhalb von 14 Tagen nach der Entlassung aus dem Krankenhaus bzw. dem Ende der onkologischen Erstbehandlung, wird die AHB-Maßnahme nach einer gewissen Zeit automatisch in einen Antrag auf onkologische Rehabilitation umgewandelt und vom Kostenträger mit den üblichen Wartezeiten bearbeitet. Das inhaltliche Programm einer AHB entspricht dem der onkologischen Reha.

Onkologische Rehabilitation

Rehabilitation

Häufig ist es aus verschiedenen Gründen sinnvoll, eine Reha nicht unmittelbar nach der Erstbehandlung anzutreten (z.B., weil zeitnah eine weitere Behandlung angeschlossen werden soll), oder es besteht trotz AHB im Verlauf noch weiterer Reha-Bedarf. In diesen Fällen können Sie innerhalb eines Jahres nach abgeschlossener Erstbehandlung eine onkologische Reha beantragen. Meist findet diese statt, wenn die Krebstherapie größtenteils abgeschlossen ist. Liegen nach wie vor Einschränkungen vor, kann in Ausnahmefällen auch innerhalb von zwei Jahren nach der Erstbehandlung eine (erneute) Rehabilitation, oftmals „Festigungsreha“ genannt, stattfinden. AHB und onkologische Reha schließen sich gegenseitig nicht aus, d.h. auch nach stattgefundener AHB dürfen Patient:innen innerhalb von zwei Jahren nach Abschluss der Erstbehandlung je nach Ausmaß der Funktionseinschränkungen noch bis zu zwei Mal eine Reha absolvieren.

Voraussetzungen für die Reha

Reha-Behandlung

Für eine Reha-Behandlung gelten sowohl medizinische als auch versicherungsrechtliche Voraussetzungen. Medizinische Voraussetzung für eine Reha ist, dass die Erstbehandlung abgeschlossen und die Person Reha-bedürftig ist. Das bedeutet, eine entsprechende Diagnose liegt vor und die Person ist durch die Erkrankung eingeschränkt, wodurch auch die Arbeitsfähigkeit gefährdet oder gemindert ist. Gleichzeitig muss die Person jedoch Reha-fähig − d.h. ausreichend belastbar − sein, um die entsprechenden Maßnahmen durchführen zu können. Zudem müssen die körperlichen, seelischen, sozialen oder beruflichen Einschränkungen, die durch die Erkrankung entstanden sind, im Rahmen der Reha therapierbar oder positiv beeinflussbar sein.

In der Regel übernimmt der Rentenversicherungsträger die Kosten. Dadurch ergeben sich versicherungsrechtliche Voraussetzungen. Ein Anspruch auf Reha besteht in der Regel, wenn entweder in den letzten zwei Jahren vor dem Antrag sechs Kalendermonate mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung vorliegen oder die allgemeine Wartezeit (mindestens 60 Kalendermonate mit Beiträgen) erfüllt ist. In anderen Situationen (z.B. kurz nach Abschluss der Ausbildung, bei/nach Arbeitslosigkeit) gelten andere Kriterien. Die genauen Voraussetzungen können Sie hier nachlesen. Erfüllen Sie nicht die Voraussetzungen für Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung, erbringen teilweise andere Kostenträger (gesetzliche oder private Krankenversicherung, Unfallversicherung) Reha-Leistungen. Diesbezüglich kann Sie der entsprechende Kostenträger beraten.

Antragsverfahren

Antragsverfahren

Die onkologische Reha können Patient:innen selbst (mit Unterstützung ihrer Behandler:innen) stellen. Zu den Antragsformularen kommen Sie hier. Sollten Sie bei einem anderen Rentenversicherungsträger als der deutschen Rentenversicherung versichert sein, finden Sie meist ähnliche Formulare auf der Homepage des entsprechenden Kostenträgers. Oft erhalten Sie die Formulare auch bei Auskunfts- und Beratungsstellen, in Kliniken oder Arztpraxen oder über Ihre Krankenkasse. Alle Antragssteller:innen sollten unbedingt das Formular G0100 ausfüllen − Berufstätige zudem das Formular G0110. Empfehlenswert ist es auch, das Formular G0115 auszufüllen, da nur dort die individuellen Einschränkungen und Wünsche formuliert werden können. Insgesamt empfiehlt es sich, die persönlichen Reha-Ziele so konkret wie möglich zu benennen. Der/die behandelnde Arzt/Ärztin muss dann noch die Formulare S005000, S005100 und S005200 ausfüllen.

Nach Eingang des Reha-Antrags muss der Kostenträger innerhalb von 3 bis maximal 9 Wochen über die Bewilligung entscheiden. Im positiven Fall erhalten Sie einen entsprechenden Bescheid mit einer  für Sie ausgewählten Reha-Einrichtung. Bevor Sie die Reha dann beginnen können, teilt Ihnen die entsprechende Reha-Klinik Ihr Aufnahmedatum mit, das je nach Kapazitäten der Einrichtungen stark variieren kann. Deshalb ist es vor Beantragung einer onkologischen Reha insgesamt sehr schwierig einzuschätzen, wann genau der Beginn der Reha erfolgen wird.

Wunsch- und Wahlrecht

§8 SGB IX räumt allen Patient:innen bei der Durchführung von Leistungen zur onkologischen Rehabilitation ein Wunschrecht ein. Das bedeutet, dass Sie die Möglichkeit haben, eine onkologische Rehabilitationsmaßnahme in einer von Ihnen selbst vorgeschlagenen Rehabilitationseinrichtung durchführen zu lassen. Im Formular G0100 können Sie auf Seite zwei bis zu drei Wunschkliniken angeben. Hierbei müssen Sie darauf achten, dass die Wunschklinik medizinisch geeignet (d.h. auf die jeweilige Krebserkrankung spezialisiert) ist. Das Wunsch- und Wahlrecht empfiehlt sich vor allem dann, wenn Sie den Behandlungsfokus der Reha näher bestimmen wollen (z.B. Komplementärmedizin, Ernährung, spezielle Krebsdiagnosen, Polyneuropathie) oder wenn Ihre Lebenssituation ein spezielles Behandlungssetting erfordert (z.B. Mitnahme von Kindern, Haustieren, Begleitpersonen, etc.).

Bei der Suche nach geeigneten Reha-Kliniken können Krebsberatungsstellen oder das behandelnde Krankenhaus bzw. die behandelnde Arztpraxis Sie unterstützen. Auch ein Erfahrungsaustausch mit Betroffenen etwa durch Selbsthilfegruppen kann hierbei hilfreich sein. Für die eigene Recherche empfiehlt sich die Suchfunktion der deutschen Rentenversicherung oder das Rehaportal als Suchmöglichkeit.

Begleitpersonen

Begleitperson

Häufig möchten Betroffene auch eine Begleitperson mit auf Reha nehmen. Die Kosten für die Mitaufnahme einer Begleitperson werden nur übernommen, wenn die Begleitung medizinisch notwendig ist. Einige Kliniken bieten jedoch an, Begleitpersonen in der Klinik auf Selbstzahlerbasis mitzubeherbergen (teilweise mit Zustellbett, teilweise mit Doppelzimmern). In manchen Kliniken gibt es zudem auch für Begleitpersonen die Möglichkeit, therapeutische Angebote wahrzunehmen; diese müssen jedoch meist selbst finanziert werden. In Kurorten ist es teilweise möglich, sich über die Krankenkasse gewisse Anwendungen finanzieren zu lassen. Hierzu ist eine hausärztliche Verordnung und eine Kostenübernahmeerklärung der Krankenkasse (Kurarztschein oder Badearztschein) notwendig. Am besten nehmen Sie Kontakt zu der anvisierten Reha-Klinik oder Ihrer Krankenkasse auf, um sich diesbezüglich beraten zu lassen.

Finanzielle Aspekte

Übergangsgeld

Zur Überbrückung einkommensloser Zeiten während einer Reha-Maßnahme erhalten Sie in der Regel Übergangsgeld. Die Höhe des Übergangsgelds richtet sich nach dem vorausgegangenen Einkommen und entspricht ca. zwei Dritteln des Nettoeinkommens. Das Übergangsgeld ist eine Lohnersatzleistung, d.h. es wird nur dann gezahlt, wenn im Krankheitsfall kein Anspruch mehr auf Lohnfortzahlung durch den Arbeitgeber besteht. Übergangsgeld muss vor der Reha-Maßnahme beantragt werden. Weitere finanzielle Hilfen sind die Erstattung der Reisekosten und, falls Kinder zum Haushalt gehören, auch die Finanzierung einer Haushaltshilfe (nur bei Kindern unter 12 Jahren) oder die Erstattung von Kinderbetreuungskosten. Entsprechende Antragsformulare und Informationen erhalten Sie bei Ihrem Rentenversicherungsträger.

Wir hoffen, dass dieser Artikel zumindest einige Ihrer Fragen hinsichtlich Rehabilitation bei Krebserkrankungen beantworten konnte. Sollten Sie Unterstützung bei der Beantragung Ihrer Reha-Maßnahme benötigen, können Sie gerne unter 089 – 4400 53351 oder unter krebsberatung-tzm@med.uni-muenchen.de einen Beratungstermin in unserer psychosozialen Krebsberatungsstelle vereinbaren. Wir wünschen Ihnen eine hilfreiche Rehabilitation und alles Gute auf dem Weg der Genesung.

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Quellen:

[1] Deutsches Krebsforschungszentrum in der Helmholtz-Gemeinschaft (dkfz): Rehabilitation nach Krebs. Abrufbar unter: https://www.krebsinformationsdienst.de/leben/alltag/rehabilitation-nach-krebs.php. Letzter Zugriff am: 27.07.2023.

[2] Deutsche Rentenversicherung: Rehabilitation nach Tumorerkrankungen. Abrufbar unter: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/national/rehabilitation_nach_tumorerkrankungen.html. Letzter Zugriff am: 27.07.2023.

[3] Deutsche Rentenversicherung: Anschlussrehabilitation (AHB). Abrufbar unter: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Reha/Medizinische-Reha/Anschlussrehabilitation-AHB/anschlussrehabilitation-ahb_node.html. Letzter Zugriff am: 27.07.2023.

[4] Deutsche Rentenversicherung: Onkologische Reha. Abrufbar unter: https://www.deutsche-rentenversicherung.de/DRV/DE/Reha/Medizinische-Reha/Onkologische-Reha/onkologische-reha_node.html. Letzter Zugriff am: 27.07.2023.

[5] Arbeitsgemeinschaft für Krebsbekämpfung: „Reha nach Krebs“ – Podcast. Abrufbar unter: https://www.argekrebsnw.de/podcast/. Letzter Zugriff am: 08.09.2023.

[6] Klinik Eichholz: Offene Badekur. Abrufbar unter: https://www.klinik-eichholz.de/reha-wiki/offene-badekur/. Letzter Zugriff am: 27.07.2023.

[7] Betanet: Übergangsgeld. Abrufbar unter: https://www.betanet.de/uebergangsgeld.html. Letzter Zugriff am: 27.07.2023.


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