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Meerrettich (Armoracia rusticana) – die Heilpflanze des Jahres 2021

Meerrettich_Pflanze_Krebs

Was wäre eine geräucherte Forelle oder ein echter Wiener Tafelspitz ohne frischen „Kren“, wie der Meerrettich in Österreich genannt wird? Das typische Wintergemüse bereichert die Küche der kalten Jahreszeit mit seiner Schärfe, die von innen heraus wärmt. Doch die charakteristische Würze ist nicht jedermanns Sache.

Dabei kann Meerrettich auch den Personen, denen er als Beigabe zum Essen nicht schmeckt oder zu scharf ist, gute Dienste erweisen. Er enthält eine Vielzahl an gesundheitsfördernden Stoffen. Schon im Altertum war die Heilkraft des Meerrettichs bekannt und wurde medizinisch genutzt. Mittlerweile sind die meisten dieser Gesundheitswirkungen auch wissenschaftlich belegt, was der Meerrettich-Wurzel wohl den Titel „Heilpflanze des Jahres 2021“ eingebracht hat. Grund genug, sich diese überaus interessante Pflanze genauer anzusehen.

Saison und Lagerung

Ursprünglich stammt die Meerrettich-Pflanze aus Russland, Sibirien und dem Balkan. Heute wird sie auf fast allen Kontinenten und auch in Deutschland kultiviert [1]. Die genügsame Meerrettich-Pflanze, die botanisch zu den Kohlgewächsen (Brassicaceae/Kreuzblütler) gehört, wächst gerne am Wasser bzw. benötigt sehr viel Flüssigkeit, um große, kräftige Wurzeln auszubilden. Diese sind der eigentlich begehrte Pflanzenteil. Die Blätter ähneln von der Form her denen des Sauerampfers. Sie können von März bis Mai frisch geerntet und fein gehackt in allerlei Speisen verzehrt werden. Die Wurzeln werden in Monaten mit „r“ im Namen geerntet: sprich ab September/Oktober. Zudem ist Meerrettich sehr gut lagerbar. Er ist also ein klassisches Wintergemüse. Kühl und dunkel lassen sich die Wurzeln lange aufbewahren. Das kann entweder in einem Keller mit relativ niedriger Temperatur sein in Erde oder feuchten Sand eingeschlagen. Die Stangen können aber auch erst nach dem Winter im März/April geerntet werden [2].

Ernährung und Gesundheit

LebensmittelVitamin C Gehalt pro 100 g
Lebensmittel in mg
Meerrettich114 mg
Paprika, rot140 mg
Orange45 mg
Zitrone50 mg
 
Tabelle 1: Vitamin C Gehalte pro 100 g essbarem Anteil nach [3]

Wichtige Inhaltsstoffe

Meerrettich enthält unter anderem viel Vitamin C – fast so viel wie Paprika (s. Tabelle), obwohl man natürlich nicht außer Acht lassen darf, dass vom Meerrettich eine wesentlich geringere Menge verzehrt wird als von Paprika. Trotzdem wusste man anscheinend schon früh über den hohen Vitamin C-Gehalt Bescheid, denn Meerrettich wurde bei längeren Seefahrten mitgenommen und half so, gegen Skorbut (eine Vitamin C-Mangel-Erkrankung) vorzubeugen [1]. Die lange Haltbarkeit bzw. gute Lagerfähigkeit spielten hier sicher auch eine wichtige Rolle.

Darüber hinaus enthält Meerrettich sogenannte Glucosinolate oder auch Senfölglycoside, die viele positive Wirkungen im menschlichen Körper entfalten können. In der Meerrettich-Wurzel liegen diese Stoffe noch in inaktiver, aber stabiler Form vor. Beim Reiben oder Schneiden werden allerdings pflanzliche Gewebestrukturen bzw. Zellen zerstört und Enzyme wie Myrosinase freigesetzt, die dann die Senfölgycoside zu sogenannten Isothiocyanaten oder Senfölen umwandeln. Diese sind für den charakteristischen Geruch und Geschmack und auch die Schärfe verantwortlich [3], die uns buchstäblich zu Tränen („Greinen“) rührt, was dem Meerrettich auch den Beinamen „Greinwurzel“ einbrachte.

Volksmedizinische Anwendungen

Seit dem Altertum wird Meerrettich als Heilmittel angewendet – sei es oberflächlich als Wickel bzw. Auflage oder innerlich als Meerrettichzubereitung z.B. mit Honig vermischt als Sirup. Äußerlich hilft Meerrettich bei Gelenkentzündungen, Muskelverspannungen sowie bei Nacken- oder Rückenschmerzen. Innerlich wird Meerrettich unter anderem zur Verdauungsförderung, bei Infekten der oberen Atemwege sowie der ableitenden Harnwege eingesetzt. [4]

Hochwirksame Senföle

Wissenschaftliche Untersuchungen weisen auf eine antioxidative, antientzündliche, antimikrobielle, lokal durchblutungsfördernde sowie eine leicht krampflösende Wirkung hin [4, 5]. So hemmen die Senföle des Meerrettichs beispielsweise die Freisetzung von Entzündungsmediatoren und damit Entzündungsreaktionen [6, 7].

Experimentelle Studien deuten zusätzlich auf eine gewisse tumorhemmende Wirkung hin [8-10]. Doch sind weitere Forschungsergebnisse insbesondere aus Humanstudien nötig, um das zu bestätigen. Wie schon öfter an dieser Stelle erwähnt, kann von experimentellen Untersuchungen im Labor nicht ohne Weiteres auf den Menschen geschlossen werden.

Meerrettich_gerieben

„Antibiotikum“ aus dem Garten

Die Senföle der Meerrettich-Wurzel wirken stark antimikrobiell. Daher gilt Meerrettich als gutes Hausmittel bei Erkältungen, Infektionen und Blasenentzündungen. Die Isothiocyanate bekämpfen eine Vielzahl an Erregern – Bakterien, Pilze, Viren – und sogar Antibiotika-resistente Keime (z.B. MRSA) [3, 5].

Eine Kombination aus Kapuzinerkresse und Meerrettich wird seit mehr als 50 Jahren erforscht und ist sogar als Arzneimittel auf dem Markt erhältlich. Es wird zum Schutz vor bzw. zur Behandlung von Atemwegs- und Harnwegsinfektionen eingesetzt. Meerrettich wirkt nicht nur entzündungshemmend und antibakteriell; ei Infektionen der Harnwege wird zudem seine harntreibende Wirkung ausgenutzt.

Sogar klinische Studien belegen diese Wirkung von Meerrettich in Kombination mit Kapuzinerkresse [11-14]. Sie steht der eines Breitspektrum-Antibiotikums in nichts nach und kann den Einsatz herkömmlicher Antibiotika unter Umständen sogar reduzieren [5].

Gelegentlich kommt es nach der Einnahme von Meerettichpräparaten zu Magen-Darm-Beschwerden. Als schwangere oder stillende Frau, bei Magen-Darm-Geschwüren oder Nierenerkrankungen sollte das Präparat nicht eingenommen werden. Bei gleichzeitiger Einnahme von Vitamin K-Antagonisten (z.B. Warfarin) muss eventuell die Dosierung angepasst werden. [5]

In der Küche

Diese vielen positiven, gesundheitsfördernden Eigenschaften des Meerrettichs sollen aber nicht davon ablenken, dass Meerrettich die Winterküche durch seinen einzigartigen Geschmack bereichert.

Die Wurzel wird fein gerieben, frisch oder mariniert, in Saucen oder als Fleischwürze verspeist. Durch Zugabe von Sahne oder Joghurt zum Beispiel kann man die Schärfe abmildern. Daher kommt vermutlich auch die beliebte Zubereitung mit Apfel und Rahm.

Die Schale der Wurzel sollte nur von dem Stück entfernt werden, das auch verwertet wird, da Meerrettich schnell braun wird. In ein feuchtes Tuch eingeschlagen hält er sich im Kühlschrank ca. vier Wochen. Bereits geriebener Meerrettich hält sich im Kühlschrank in einem Schraubglas oder ähnlichem bis zu drei Wochen. Man sollte ihn dann allerdings mit Zitronensaft beträufeln, um ihn vor dem Braunwerden zu schützen.

Consommé von der roten Beete mit Kren-Nocken

Unser Rezept mit Meerrettich:

Consommé von der roten Beete mit Kren-Nocken – ein Rezept von Anna Matscher: https://news.tumorzentrum-muenchen.de/2018/03/consomme-von-der-roten-beete-mit-kren-nocken/

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Quellen:

  1. Häringer E. Meerrettich (Armoracia rusticana) – Fachartikel. In. Verein zur Förderung der naturgemäßen Heilweise nach Theophrastus Bombastus von Hohenheim, gen. Paracelsus e.V. (NHV Theophrastus) 2021.
  2. Pfister T, Saller R. Heilkräuter im Garten – pflanzen, ernten, anwenden. Bern: Haupt Verlag,2014.
  3. Heseker B, Heseker H. Nährstoffe in Lebensmitteln – Die große Energie- und Nährwerttabelle. Sulzbach im Taunus,2013.
  4. Kim H-Y, Phan-a-god S, Shin I-S. Antibacterial activities of isothiocyanates extracted from horseradish (Armoracia rusticana) root against Antibiotic-resistant bacteria. Food Science and Biotechnology 2015; 24: 1029-1034.
  5. Chrubasik-Hausmann S. Kapuzinerkresse plus Meerrettichwurzel. In. 2019.
  6. Herz C, Tran HT, Márton MR et al. Evaluation of an Aqueous Extract from Horseradish Root (Armoracia rusticana Radix) against Lipopolysaccharide-Induced Cellular Inflammation Reaction. Evid Based Complement Alternat Med 2017; 2017: 1950692.
  7. Marzocco S, Calabrone L, Adesso S et al. Anti-inflammatory activity of horseradish (Armoracia rusticana) root extracts in LPS-stimulated macrophages. Food Funct 2015; 6: 3778-3788.
  8. Ma YS, Hsiao YT, Lin JJ et al. Phenethyl Isothiocyanate (PEITC) and Benzyl Isothiocyanate (BITC) Inhibit Human Melanoma A375.S2 Cell Migration and Invasion by Affecting MAPK Signaling Pathway In Vitro. Anticancer Res 2017; 37: 6223-6234.
  9. Hayes JD, Kelleher MO, Eggleston IM. The cancer chemopreventive actions of phytochemicals derived from glucosinolates. Eur J Nutr 2008; 47 Suppl 2: 73-88.
  10. Soundararajan P, Kim JS. Anti-Carcinogenic Glucosinolates in Cruciferous Vegetables and Their Antagonistic Effects on Prevention of Cancers. Molecules (Basel, Switzerland) 2018; 23: 2983.
  11. Goos KH, Albrecht U, Schneider B. [Efficacy and safety profile of a herbal drug containing nasturtium herb and horseradish root in acute sinusitis, acute bronchitis and acute urinary tract infection in comparison with other treatments in the daily practice/results of a prospective cohort study]. Arzneimittelforschung 2006; 56: 249-257.
  12. Lau I, Albrecht U, Kirschner-Hermanns R. Phytotherapie bei katheterassoziierten Harnwegsinfekten. Der Urologe 2018; 57: 1472-1480.
  13. Goos KH, Albrecht U, Schneider B. [On-going investigations on efficacy and safety profile of a herbal drug containing nasturtium herb and horseradish root in acute sinusitis, acute bronchitis and acute urinary tract infection in children in comparison with other antibiotic treatments]. Arzneimittelforschung 2007; 57: 238-246.
  14. Albrecht U, Goos KH, Schneider B. A randomised, double-blind, placebo-controlled trial of a herbal medicinal product containing Tropaeoli majoris herba (Nasturtium) and Armoraciae rusticanae radix (Horseradish) for the prophylactic treatment of patients with chronically recurrent lower urinary tract infections. Curr Med Res Opin 2007; 23: 2415-2422.

Eva Kerschbaum

Über Eva Kerschbaum

Eva Kerschbaum studierte Ernährungswissenschaft an der TU München und ist zertifizierte Ernährungsberaterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. ...

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