Ei, Ei, Ei!

So oder so ähnlich klang es, als meine kleine Nichte neulich die bunten Ostereier an den Baum im Vorgarten hängen durfte. Mit ihren knapp 2 Jahren kann sie „Ei“ schon sehr gut sagen und sie liebt Eier in jeder Form, ganz gleich, ob als Rührei, weich gekocht. Aber als ich, die Ernährungs-wissenschaftlerin, gefragt wurde, wie viel die Kleine davon essen dürfe, wusste ich erst einmal keine Antwort. Zu verwirrend waren die Studienergebnisse, die ich in den letzten Jahren zu dem Thema gesehen hatte. Eine anschließende Recherche brachte mich ein Stück weiter. Passend zu Ostern möchte ich meine Erkenntnisse mit Ihnen teilen.

Was genau verbirgt sich unter der Eierschale?

Eiweiß und Eigelb. Aber was für Inhaltsstoffe sind darin enthalten und welche Bedeutung haben sie für unseren Körper? Beim Eiweiß sagt es uns schon der Name: es enthält viel Eiweiß bzw. Protein. Verblüffend ist die Tatsache, dass der Eiweißanteil im Eigelb höher ist als im Eiweiß [1]. Da das Protein im Ei vom Körper besonders gut verdaut und verwertet werden kann, fast zu 100%, wird dem Eiweiß eine hohe biologische Wertigkeit zugesprochen [2]. Das so oft – zu Unrecht, wie wir sehen werden – verteufelte Ei liefert also mit das beste natürlich vorkommende Eiweiß.

Nun zum Eigelb: Bestimmt fällt Ihnen an dieser Stelle sofort das böse Cholesterin ein. Ich möchte Ihren Blickwinkel diesbezüglich etwas erweitern. Auch Cholesterin erfüllt nämlich wichtige Aufgaben in unserem Körper. Es wird beispielsweise für die Bildung von Hormonen, Vitamin D oder Gallensalzen benötigt [2]. Der Cholesterinspiegel im Blut wird durch die Nahrungs-aufnahme meist kaum beeinflusst [3], da unser Körper einen Mechanismus besitzt, der den Cholesterinspiegel weitestgehend konstant hält, egal wie hoch die Cholesterinaufnahme ist. Das heißt, je mehr Cholesterin wir aufnehmen, desto weniger stellt unser Körper selbst davon her und umgekehrt. Eine Ernährungsumstellung ist nur dann erforderlich, wenn der Cholesterinspiegel im Blut aufgrund einer Erkrankung dauerhaft erhöht ist. Denn zweifellos stellt ein zu hoher Cholesterinwert einen Risikofaktor für Herz-Kreislauf-Erkrankungen dar [3].

 

Das Eidotter enthält darüber hinaus viele lebensnotwendige Vitamine und Mineralstoffe, wie die fettlöslichen Vitamine A, D, E, K, sowie Folsäure und Eisen. Das wichtigste Vitamin im Ei ist das Vitamin A [1]. Es übernimmt eine entscheidende Rolle beim Sehvorgang, besonders bei der Hell-Dunkel-Anpassung und bei der Regeneration von Geweben wie zum Beispiel der Schleimhäute der Atemwege [2]. Das Ei liefert zudem reichlich B-Vitamine wie Thiamin (Vitamin B1) und Riboflavin (Vitamin B2) [1]. Vitamin B1 wird im Kohlenhydratstoffwechsel und von den Nervenzellen benötigt. Vitamin B2 ist wichtig für den Kohlenhydrat-, Fett- und Eiweißstoffwechsel und für die Zellatmung [1].

Das Ei und die Gesundheit

 Mehr als vier Eier isst der Deutsche im Durchschnitt pro Woche [4]. Ist das nun gesund? Eine erst kürzlich veröffentlichte Studie ergab, dass ein Verzehr eines zusätzlichen halben Eis pro Tag mit einem höheren Risiko für kardiovaskuläre Ereignisse und erhöhte Gesamtsterblichkeit assoziiert ist [5]. Hingegen zeigte eine im Vorjahr publizierte Studie unter erwachsenen Chinesen sogar ein verringertes Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen bei einem moderaten Verzehr von Eiern (bis zu 1 Ei pro Tag) [6]. Wenn wir uns eine Übersichtsarbeit ansehen, die viele Einzelstudien in Betracht zieht, ergibt sich ein beruhigendes Bild. Eine solche Arbeit aus dem Jahr 2016 kommt zu dem Ergebnis, dass der Verzehr von bis zu einem Ei pro Tag sogar das Schlaganfallrisiko reduziert und dass der Eierverbrauch nicht mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist [7].

Wie sieht der Forschungsstand bezüglich Tumorerkrankungen aus? Eine Untersuchung aus dem Jahr 2018 zeigt, dass ein moderater Verzehr von Eiern bis zu einem Ei pro Tag weder einen Einfluss auf die Gesamtsterblichkeit, noch auf die Sterblichkeit aufgrund von Krebs oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen hat [8]. Eine Übersichtsarbeit von 2016 findet keinen Zusammenhang zwischen dem Verzehr von Eiern und dem Risiko für Brustkrebs [9].

In der Küche

Für das Einfärben kochen Sie möglichst frische Eier. Diese gekochten Eier halten sich dann mindestens 14 Tage im Kühlschrank [4]. Das Mindesthaltbarkeitsdatum abzüglich 28 Tage entspricht dem Legedatum. So können Sie ganz einfach errechnen, wie frisch die Eier sind.

Was sagen die anderen Angaben auf dem Ei? EU-weit verpflichtend ist ein Erzeugercode, der dabei hilft, die Herkunft der Eier zu beurteilen. Die erste Zahl gibt das Haltungssystem an:

    0 = Ökologische Erzeugung

    1 = Freilandhaltung

    2 = Bodenhaltung

    3 = Käfighaltung

Dann folgt der Ländercode (also z.B. DE für Deutschland) und die Betriebsnummer, wobei davon die ersten beiden Ziffern das Bundesland repräsentieren (09 = Bayern) [10]. Wollen wir also Bio-Eier aus der Region, müsste der Code mit 0-DE-09… beginnen.

 

Aber was ist eigentlich mit „Käfighaltung“ gemeint? Zwar ist die konventionelle Käfighaltung seit 2012 in der EU verboten, laut dem statistischen Bundesamt leben jedoch in Deutschland derzeit immer noch ca. 12 % der Hennen in so genannten ausgestalteten Käfigen, die über ein geringfügig größeres (ca. 1,5 DIN A4-Blatt pro Henne) und etwas besser ausgestattetes Platzangebot (Sitzstangen bzw. Vorrichtungen für die Eiablage) verfügen als die herkömmlichen Käfige [11]. Aber auch die ausgestaltete Käfigform ist mittlerweile laut Gesetz abgeschafft und läuft 2025 aus.

Am häufigsten werden in Deutschland Eier aus Bodenhaltung gekauft, bei der bis zu neun Hühner pro Quadratmeter gehalten werden [11]. Bei der Freilandhaltung müssen für jede Henne zusätzlich vier Quadratmeter Auslauffläche vorhanden sein [11], damit die Tiere hier für mehrere Stunden am Tag arttypischen Verhaltensweisen wie Scharren oder Picken nachgehen können. Bio-Hühner werden nicht nur mit Bio-Futter gefüttert, Sie haben auch am meisten Platz. In Öko-Betrieben dürfen höchstens sechs Hennen auf einen Quadratmeter kommen, was immer noch wenig erscheint, wenn man einmal Hühner mit Freilauf beobachtet hat. Zusätzlich ist die künstliche Beleuchtung der Ställe auf täglich 16 Stunden und die Gesamtanzahl an Hühnern auf 3000 Stück begrenzt.

Eier verschiedener Hühnerrassen

Ein weiterer Aspekt der Hühnerzucht genießt immer mehr Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit: das Töten männlicher Küken in der Legehennenhaltung. Die lediglich auf eine hohe Legeleistung gezüchteten Hühner setzen nur schwer Fleisch an. Die Mast der männlichen Küken ist daher für viele Betriebe unwirtschaftlich und sie werden deshalb aussortiert und oft lebendig geschreddert. Einige Erzeuger suchen nach anderen Lösungen und vermerken das mittlerweile auf der Verpackung. Eine gute Alternative stellt das so genannte Zweinutzungshuhn  (z.B. Les Bleues) dar. Das ist ein Huhn, das sowohl Eier legt als auch zur Fleischerzeugung dient, widerstandsfähiger gegen Krankheiten ist und gut auch von Privatpersonen gehalten werden kann.

Fazit

Das Ei bietet so viele Möglichkeiten in der Küche wie kein anderes natürliches Lebensmittel und liefert ganz nebenbei auch noch eine Fülle wertvoller Inhaltsstoffe. Aufgrund der wissenschaftlichen Datenlage kann derzeit keine Höchstverzehrmenge für Eier angegeben werden. In Maßen sind Eier eine gesunde Eiweiß- und Nährstoffquelle und eine sinnvolle Ergänzung des Speiseplans [12]. Wir plädieren außerdem dafür, beim Eierkauf auf artgerechte Haltung und Fütterung der Hühner zu achten. Wer die Möglichkeit hat, kann auch selbst Hühner halten. Die Qualität dieser Eier, die Gesundheit der Hühner und auch des Gartens (natürliche Schädlingsbekämpfung!) sind gute Argumente dafür! Bestimmt haben Sie nun Lust, hin und wieder ein Ei in Ihre Ernährung zu integrieren, und das können Sie guten Gewissens tun. Passend zu Ostern präsentieren wir Ihnen nächste Woche an dieser Stelle leckere Rezepte mit Ei.

Quellen:

  1. Bundeszentrum für Ernährung (BZfE). Eier: Gesund essen – was macht das Ei so wertvoll? 11.04.2019]; Available from: https://www.bzfe.de/inhalt/eier-gesund-essen-4168.html.
  2. Biesalski, H.K., P. Grimm, and S. Nowitzki-Grimm, Taschenatlas Ernährung. 2015, Georg Thieme Verlag: Stuttgart.
  3. Piepoli, M.F., et al., 2016 European Guidelines on cardiovascular disease prevention in clinical practice: The Sixth Joint Task Force of the European Society of Cardiology and Other Societies on Cardiovascular Disease Prevention in Clinical Practice (constituted by representatives of 10 societies and by invited experts)Developed with the special contribution of the European Association for Cardiovascular Prevention & Rehabilitation (EACPR). Eur Heart J, 2016. 37(29): p. 2315-2381.
  4. Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE). Kleines österliches Kraftpaket – jeder Deutsche isst 230 Eier jährlich. [Pressemeldung] 27.03.2018 [cited 11.04.2019.
  5. Zhong, V.W., et al., Associations of Dietary Cholesterol or Egg Consumption With Incident Cardiovascular Disease and Mortality. JAMA, 2019. 321(11): p. 1081-1095.
  6. Qin, C., et al., Associations of egg consumption with cardiovascular disease in a cohort study of 0.5 million Chinese adults. Heart, 2018. 104(21): p. 1756-1763.
  7. Alexander, D.D., et al., Meta-analysis of Egg Consumption and Risk of Coronary Heart Disease and Stroke. J Am Coll Nutr, 2016. 35(8): p. 704-716.
  8. Zamora-Ros, R., et al., Moderate egg consumption and all-cause and specific-cause mortality in the Spanish European Prospective into Cancer and Nutrition (EPIC-Spain) study. Eur J Nutr, 2018.
  9. Wu, J., et al., Dietary Protein Sources and Incidence of Breast Cancer: A Dose-Response Meta-Analysis of Prospective Studies. Nutrients, 2016. 8(11).
  10. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Produktbezogene Kennzeichnungsregelungen – Was bedeutet der Code auf dem Ei?  [cited 11.04.2019; Available from: https://www.bmel.de/DE/Ernaehrung/Kennzeichnung/VerpflichtendeKennzeichnung/Produktbezogene_Kennzeichnungsregelungen/_Texte/Eierkennzeichnung.html.
  11. Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL). Nutztierhaltung – Fragen und Antworten zur Legehennenhaltung in Deutschland.  11.04.2019]; Available from: https://www.bmel.de/DE/Tier/Nutztierhaltung/_texte/HaltungLegehennen-Bioeier_FAQ_Tierschutz.html#doc3724080bodyText4.
  12. Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), Ostern: Deutsche lieben Eier. DGE aktuell. 2018(08).
Eva Kerschbaum

Über Eva Kerschbaum

Eva Kerschbaum studierte Ernährungswissenschaft an der TU München und ist zertifizierte Ernährungsberaterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. ...

Kommentare

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  1. Pingback: Ich wollt´, ich wär´ kein Huhn … | Blog: Wissen gegen Krebs

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