Kürbiskernöl – das grüne Gold der Steiermark

Am Feldrand sieht man sie jetzt überall liegen und orange leuchten: Kürbisse in verschiedenen Formen, Farben und Größen. Doch nicht nur das Fleisch des Kürbisses kann zu essbaren Leckereien verarbeitet werden. Aus seinen Kernen wird das wertvolle Kürbiskernöl gewonnen. Welche Eigenschaften hat nun dieses Öl im Vergleich zu den anderen Speiseölen? Und was ist die Besonderheit, die es so berühmt macht?

 

Allgemeines

Der Kürbis als Frucht der Cucurbitaceae (Kürbisgewächse), zu denen auch Gurke und Wassermelone zählen, wird schon seit Menschengedenken angebaut. Der Vorfahr unseres heute bekannten Gartenkürbisses stammt ursprünglich aus Süd- und Mittelamerika [1]. Bereits im antiken Lateinamerika wurde hellgelbes, klares Öl aus Kürbiskernen gepresst. Doch erst eine spontane Mutation (zufällige, natürliche und dauerhafte Veränderung des Erbguts) in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts, die in der Steiermark auftrat, machte die Ölgewinnung wesentlich effektiver: die Kürbiskerne waren jetzt nicht mehr mit einer festen, verholzten Schale, sondern nur von einer dünnen, grünen Haut überzogen (siehe Bild) [2].

 

Die Kürbisse mit den leichter zu verarbeitenden Kernen wurden als neue Sorte gezüchtet. Diese wird heute „Steirischer Ölkürbis“ (Cucurbita pepo var. Styriaca) genannt [1]. Etwa 3 kg dieser schalenlosen Kürbiskerne, das entspricht etwa 30 bis 40 Ölkürbissen, werden für einen Liter dunkelgrünes, dickflüssiges Steirisches Kürbiskernöl benötig [3]. Die Bezeichnung „Steirisches Kürbiskernöl“ gilt als eingetragene „geschützte geografische Angabe (g.g.A.)“ gemäß EU-Verordnung. Dadurch unterliegt das echte steirische Kürbiskernöl strengen Qualitätsanforderungen [2]. Unter anderem müssen die Kerne des steirischen Ölkürbisses in der Steiermark oder genau definierten, angrenzenden Gebieten nach einem traditionellen, besonders schonenden Verfahren gepresst werden. Nur wenn alle Voraussetzungen der patentgeschützten Spezifikation erfüllt sind, darf das Öl eine weiß-grüne Banderole oder ein europäisches g.g.A.-Siegel tragen (s. Bild).

 

Neben den berühmten Nürnberger Lebkuchen oder dem Prosciutto di Parma zählt das „Steirische Kürbiskernöl g.g.A“ damit zu den am besten kontrollierten regionalen Spezialitäten Europas. Zwar werden auch aus anderen Kürbissorten und in anderen Ländern Kernöle gepresst, doch muss man dann die Qualitätskriterien selbst sehr genau prüfen, etwa: Stammt das Öl aus einer schonenden Erstpressung? Handelt es sich tatsächlich um reines, nicht raffiniertes Kürbiskernöl ohne chemische Zusätze?

 

Kürbiskernöl in der (Ernährungs-) Medizin

Bereits die alten Azteken kannten und nutzten die heilende Wirkung des Kürbiskernöls. Im 18. Jahrhundert verlieh Maria Theresia von Österreich dem Kernöl sogar den Status eines Medikaments. Sie verbot per Erlass den Gebrauch des damals sehr seltenen, kostbaren Kürbiskernöls zu Speisezwecken. Das Öl sollte  Apothekern zur Herstellung von Salben und Pflasterauflagen oder zur Verabreichung an Kranke vorbehalten sein.

 

In der heutigen Zeit widmen sich zahlreiche wissenschaftliche Studien der Zusammensetzung und der Wirkung von Kürbiskernöl. Fruhwirth und Kollegen von der Universität Graz sind überzeugt, dass Kürbiskernöl im Vergleich zu anderen Speiseölen die beste Schutzwirkung für den menschlichen Körper hat, da es besonders reich an antioxidativ wirksamen Stoffe ist [1]. Diese Antioxidantien sollen den Körper vor freien Radikalen und somit vor vielen Erkrankungen unter anderem vor Krebs schützen [4].

Mehr aus Erfahrungswerten heraus als aufgrund von Forschungsdaten scheint der Einsatz von Kürbiskernen bzw. –öl bei Blasenleiden und Prostatabeschwerden angezeigt. Obwohl es viele positive Studien zu diesem Thema gibt (zum Beispiel [5], [6], [7]), ist die Datenlage, gerade was die Humanstudien angeht, dünn und daher nicht eindeutig geklärt.

Kürbiskernöl enthält etwa 50 % mehrfach ungesättigte Fettsäuren (v.a. Linol- und Linolensäure), knapp 30 % einfach ungesättigte Fettsäuren (v.a. Ölsäure) und knapp 20 % gesättigte Fettsäuren (v.a. Palmitin- und Stearinsäure) [8]. Der Austausch von gesättigten Speisefetten mit Kürbiskernöl, das reich an ungesättigten Fettsäuren und anderen positiven Inhaltsstoffen ist, beugt laut Literatur der Entstehung einer nicht-alkoholischen Fettleber und der Arteriosklerose vor [9].

 

Kürbiskernöl in der Küche

Kürbiskernöl hat einen einzigartigen, intensiv nussigen Geschmack. Dieses ausgeprägte Aroma ist hervorragend geeignet, verschiedenen Suppen oder Soßen den nötigen Pepp zu verleihen. Auch bei diesem Öl gilt aufgrund des hohen Gehalts ungesättigter Fettsäuren: kühl, dunkel und in einem luftdicht verschlossenen Behälter lagern. Laut Herstellerangaben sollte das steirische Kürbiskernöl nie zu stark erhitzt werden (Grenze 120°C), da sonst ein unangenehmer Geruch entsteht und wertvolle Inhaltsstoffe zerstört werden. Es sollte vor allem in der kalten Küche (z.B. Salate) und zum Verfeinern und Dekorieren fertiger, warmer Speisen verwendet werden.

Wer sich schon einmal mit einem Salatdressing auf Kürbiskernölbasis bekleckert hat, kennt das Problem mit den unangenehmen, dunkelgrünen Flecken. Hier hilft ein ganz einfacher Trick: setzt man den Fleck dem Tageslicht aus, verliert er die Farbe. Dann muss nur noch der Fettrückstand mit Waschmittel herausgewaschen werden.

Kürbisgerichte haben sich vom Arme-Leute-Essen zur gefragten Delikatesse entwickelt, und auch Sterneköche widmen sich seit einiger Zeit diesen Feldfrüchten. Kulinarische Inspirationen zum Thema Kürbiskernöl erwarten Sie wie gewohnt in der nächsten Woche an dieser Stelle.

 

Noch eine kurze, abschließende Bemerkung zu unserer Ölreihe

Ist nun Olivenöl, Leinöl oder Kürbiskernöl besser? Alle drei Öle sind aus ernährungswissenschaftlicher Sicht wertvoll. Jedes dieser Öle hat, wie beschrieben, seine besonderen Inhaltsstoffe und seine gesundheitsfördernden Eigenschaften. Wichtig ist vor allem, dass insgesamt nicht zu viele gesättigte Fette (v.a. aus tierischen Produkten) aufgenommen werden. Das bedeutet, auch beim Fett bzw. Öl sollte der pflanzliche Anteil der Ernährung ausgebaut werden. Mit diesen drei wertvollen Pflanzenölen haben wir Ihnen drei Kandidaten für die kalte Küche und zum Verfeinern von Gerichten vorgestellt, die sehr viele ungesättigte Fettsäuren enthalten. Bringen Sie Abwechslung in Ihren Speiseplan und wählen Sie je nach Gericht, Geschmack und Saison aus. Beachten Sie dabei immer, dass jedes dieser Öle von hervorragender Qualität sein, richtig gelagert und verwendet werden sollte.

 

 

Quellen:
[1]          G. Fruhwirth und A. Hermetter, „Seeds and oil of the Styrian oil pumpkin:Components and biological activities,“ Eur. J. Lipid Sci. Technol., Nr. 109, pp. 1128-1140, 2007.
[2]          Gemeinschaft Steirisches Kürbiskernöl g.g.A, „Steirisches Kürbiskernöl g.g.A.: Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 – Antrag auf Eintragung Art. 17,“ 22 Sep 2016. [Online]. Available: https://www.patentamt.at/fileadmin/root_oepa/Dateien/Marken/Herkunftsangaben/SteirischesKuerbiskernoel.pdf. [Zugriff am 29 Aug 2018].
[3]          Gemeinschaft Steirisches Kürbiskernöl g.g.A., „Steirisches Kürbiskernöl g.g.A.,“ 2018 [Online]. Available: https://www.steirisches-kuerbiskernoel.eu/ . [Zugriff am 28 Aug 2018].
[4]          M. Russo, „A Carotenoid Extract from a Southern Italian Cultivar of Pumpkin Triggers Nonprotective Autophagy in Malignant Cells,“ Oxid Med Cell Longev, p. 7468538, 2017.
[5]          Y. Tsai et al., „Pumpkin seed oil and phytosterol-F can block testosterone prazosin-induced prostate growth in rats,“ Urol Int., Nr. 77, pp. 269-274, 2006.
[6]          M. Nishimura et al., „Pumpkin Seed Oil Extracted From Cucurbita maxima Improves Urinary Disorder in Human Overactive Bladder.,“ J Tradit Complement Med., Bd. 4, Nr. 1, pp. 72-4., Jan 2014.
[7]          H. Hong et al., „Effects of pumpkin seed oil and saw palmetto oil in Korean men with symptomatic benign prostatic hyperplasia.,“ Nutr Res Pract., Bd. 3, Nr. 4, pp. 323-7, 2009.
[8]          H. Heseker und B. Heseker, „Nährstoffe in Lebensmitteln – Die große Energie- und Nährwerttabelle“, Sulzbach im Taunus: Umschau Zeitschriftenverlag, 2013.
[9]          M.C. Morrison et al., „Replacement of Dietary Saturated Fat by PUFA-Rich Pumpkin Seed Oil Attenuates Non-Alcoholic Fatty Liver Disease and Atherosclerosis Development, with Additional Health Effects of Virgin over Refined Oil,“ Plos One, Bd. 10, Nr. 9, p. e0139196, 25 Sep 2015.

 

Eva Kerschbaum

Über Eva Kerschbaum

Eva Kerschbaum studierte Ernährungswissenschaft an der TU München und ist zertifizierte Ernährungsberaterin der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. ...

Kommentare

Kürbiskernöl – das grüne Gold der Steiermark — 3 Kommentare

  1. bin begeistert von den umfassenden , wiss.fundierten Informationen.
    Etwas zur ca. Haltbarkeit der Öle wäre wertvoll.Selbst in kleinsten Abpackgungen (Dosen) „ranzelt“ z.B.das Leinöl schnell.

    • Danke für die tolle Rückmeldung! Die Hersteller der guten Öle geben an, dass das Öl kühl, dunkel und gut verschlossen gelagert werden sollte. Nach dem Öffnen sollte es binnen weniger Monate (2-3 Monate) aufgebraucht werden. Es empfiehlt sich daher immer nur kleine, bedarfsgerechte Mengen einzukaufen. Beim Leinöl habe ich außerdem häufig gelesen, dass sich das Öl auch einfrieren lässt, um die Haltbarkeit zu verlängern. Ich selbst habe das allerdings noch nicht ausprobiert.

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