Es muss nicht immer Lachs sein – der Fischzüchter der Sterneköche

DGE-Ernährungskreis

Fisch ist gesund, soviel scheint – aller Generalisierung zum Trotz – festzustehen. Gerade nach und während einer Krebstherapie bildet sein hochwertiges, leicht verdauliches Eiweiß eine solide Grundlage für die Regeneration. Es hilft dabei, verletzte Zellen zu erneuern, dem Muskelabbau entgegenzuwirken und das Immunsystem zu stärken. Auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt, zwei Portionen Fisch pro Woche in eine gesunde Ernährung zu integrieren. Als besonders gesund gelten fettreiche Fische, da sie viele der ungesättigten, langkettigen Omega-3-Fettsäuren, Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA) beinhalten (1).

 

Es wird vermutet, dass diese Fettsäuren unter anderem entzündliche Prozesse in unserem
Körper hemmen und so das Wachstum von Tumorzellen bremsen. Der 2018 erschienene Report des World Cancer Research Fund/American Institute for Cancer Research (WCRF/AICR) beschreibt eine Korrelation zwischen dem Verzehr von Fisch und einem verminderten Risiko, an Darmkrebs zu erkranken. In Tierstudien konnte Fischöl das Wachstum von Leberzell-Karzinomen verlangsamen. Eine Ernährung, die reich an Omega-3-Fettsäuren war, schwächte zudem Entzündungen in der Leber ab, die zur Entwicklung eines Leberzell-Karzinoms beitragen könnten. Daneben ist Fisch reich an Vitamin D und Selen, die ebenfalls möglicherweise vor Leberkrebs schützen können (2).

 

Die Vorteile von Fisch für die Gesundheit müssen jedoch abgewogen werden mit den Bedingungen, unter denen dieser gewonnen wird. Die Skandale rund um Fischzucht und –fang beschäftigen immer mehr die Medien und wissenschaftliche Veröffentlichungen. So wurde etwa berichtet, dass im Magen vieler Meeresfische Mikroplastik gefunden wurde (3). Zuchtfische wurden mit dem Pflanzenschutzmittel Ethoxyquin gefüttert (4), generell werden Fische oft vor dem Verkauf mit Carbonaten schwerer gemacht, um einen höheren Preis zu erzielen (5), und durch den Einsatz von Antibiotika bei der Massenhaltung von Zuchtfischen erhöht sich die Gefahr von resistenten Bakterien (6). Auch die Gütesiegel wie das MSC-Siegel, welches für nachhaltigen Fischfang steht, sind nicht frei von Kritik (7).

 

Höchste Zeit also, sich auf die heimischen Fische zu besinnen und verlässliche und verantwortungsvolle Züchter in der Region zu suchen. Einer dieser Fischzüchter ist Nikolai Birnbaum. Sterneköche aus ganz Deutschland nehmen den weiten Weg ins bayerische Epfenhausen auf sich, um beim Züchter selbst ihre Seeforellen, Saiblinge, Karpfen und Zander zu kaufen. Ein guter Grund für uns, ihm einen Besuch abzustatten.

 

Nikolai Birnbaum begrüßt uns in Gummistiefeln inmitten seiner vielen Teiche. Anders als bei vielen neueren Betrieben sind hier die Becken nicht aus Beton, sondern bilden zusammen mit der Umgebung ein natürliches Biotop, das auch anderen Tierarten wie Ringelnattern, Molchen und Grasfröschen einen Lebensraum bietet. Der Betrieb existiert schon seit über 100 Jahren. „Seither hat sich einiges hier geändert“, erzählt Birnbaum „der Hofladen hat immer mehr Zuspruch gefunden und ist stark gewachsen. Das Bewusstsein für gute Lebensmittel steigt.“ Bis zu 40 Tonnen Fisch produziert der Betrieb pro Jahr. Die Haltungsbedingungen sind von Beginn an extensiv. Hier sieht man keine vor sich hin dümpelnden Fische, die dicht an dicht stehen und prophylaktisch mit Antibiotika versorgt werden, damit sich keine Krankheitserreger in den engen, geschlossenen Systemen verbreiten. Die Fische springen vergnügt im frischen Quellwasser. Es wird darauf geachtet, dass die Tiere bis zum Schluss stressfrei leben können. „Der Verbraucher merkt es, wenn der Fisch aus einer intensiven Zucht kommt“, so Birnbaum. „Das Eiweiß im schnell hochgezüchteten Fleisch flockt aus, der Fisch ‚wässert‘ beim Braten. Auch an den Flossen erkennt man die intensive Haltung. Wurden die Fische zu eng gehalten, sind die Flossen verstümmelt und ausgefranst. Ich wundere mich immer, wenn Lachsfarmen mit solchen Fotos für ihren Fisch werben. Leider achten die wenigsten Verbraucher darauf“.

 

Nikolai Birnbaum hat das Glück, dass es bei ihm nicht auf ein paar Monate mehr oder weniger ankommt: „Für unsere Kunden ist der Preis nicht das ausschlaggebende Kriterium, daher kann ich einen Fisch auch mal ein halbes Jahr länger im Wasser lassen, ohne dass es mich ruiniert. Das verschafft mir einen ungeheuren Freiraum.“ Dennoch muss auch hier ein guter Fisch nicht teuer sein: Eine Forelle kostet zwischen 3 und 5 €, in Kombination mit heimischem Gemüse also eine verhältnismäßig günstige Mahlzeit. Nur die regionalen Spezialitäten wie Huchen oder Egli sind etwas teurer. Ein weiterer Vorteil der extensiven Fischzucht ist die Größe der Fische. Anders als die konventionell gehaltene Forelle, die zwischen 400 und 600 g wiegt, kommen die extensiv gehaltenen Seeforellen auf 3 bis 4 kg. Beim Huchen oder Saibling sieht es ähnlich aus. Eine echte Alternative auch für Sterneköche, die so auf den oft intensiv gehaltenen Lachs verzichten können: „Der Lachs ist in der Gastronomie so stark vertreten, weil er ein relativ großer Fisch ist und man seine Filets so gut verarbeiten kann. Man kann gut Tranchen runterschneiden, und ihn bei Niedrigtemperatur garen, weil er so dick ist, dass er in der Mitte glasig bleibt. Bei einer Forelle mit einem Filet von 100/120 g ist dies natürlich etwas schwieriger. Bei einer extensiv gehaltenen Seeforelle von 3 bis 4 Kilo bringt es das Filet jedoch auf eine Stärke von 2 bis 3 cm. Das ist für Köche ein wichtiges Argument und gibt ihnen die Möglichkeit, sich vom Lachs etwas zu entfernen.“

 

Einen besonderen Tipp hat der Fischzüchter zum Schluss noch: Karpfen.
„Ein unheimlich unterschätzter Fisch“, beeilt er sich zu erklären, als er unsere skeptischen Blicke sieht. „Ich kann wirklich jedem Verbraucher nur empfehlen, Karpfen zu essen. Natürlich kenne ich die Vorurteile: Er würde angeblich ´mooseln´, hat einen Haufen Gräten, ist fett und schmeckt ranzig. Bei einer falschen Handhabe stimmt das auch, aber wenn ich den Karpfen richtig verarbeite, ihn filetiere und die Gräten mit einem speziellen Gerät entferne, dann wird ein Karpfen zu einem feinen, extrem wohlschmeckenden, gesunden und hochwertigen Lebensmittel, das die Umwelt nicht belastet.“ Ähnlich sieht es auch die Naturschutzorganisation, World Wide Fund For Nature (WWF) die den Karpfen in ihrem Einkaufsführer als beinahe einzigen Fisch als nachhaltig eingestuft hat (8).

Das ausführliche Interview mit Nikolai Birnbaum sehen Sie in unserem Video.

 

Zur vertiefenden Lektüre zum Thema Ausbeutung der Meere empfehlen wir den packenden Thriller von Wolfram Fleischhauer „Das Meer

 

Quellen:

  1. Deutschen Gesellschaft für Ernährung e.V. (DGE), Presseinformation vom 02. August 2018, Regelmäßig Fisch auf den Tisch! https://www.dge.de/uploads/media/DGE-Pressemeldung-aktuell-0916-Fisch.pdf
  2. World Cancer Research Fund/American Institute for Cancer Research. Diet, Nutrition, Physical Activity and Cancer: a Global Perspective. Continuous Update Project Expert Report 2018. Available at dietandcancerreport.org
  3. Wieczorek, A. M., Morrison, L., Croot, P. L., Allcock, A. L., MacLoughlin, E., Savard, O., … Doyle, T. K. (2018). Frequency of Microplastics in Mesopelagic Fishes from the Northwest Atlantic. Frontiers in Marine Science. https://doi.org/10.3389/fmars.2018.00039
  4. Maack ViSdP, T., and EV, G., Ethoxyquin : Verbotenes Pflanzen ­schutzmittel in Speisefisch Laborergebnisse in der Übersicht. Retrieved from https://www.greenpeace.de/sites/www.greenpeace.de/files/publications/161223_greenpeace_tabelle_ethoxyquin_speisefisch.pdf
  5. http://www.sueddeutsche.de/geld/tipps-fuer-verbraucher-die-grossen-alltagsluegen-1.1872925-2
  6. Han, Y., Wang, J., Zhao, Z., Chen, J., Lu, H., & Liu, G. (2017). Fishmeal Application Induces Antibiotic Resistance Gene Propagation in Mariculture Sediment. Environmental Science and Technology. https://doi.org/10.1021/acs.est.7b02875
  7. https://www.tagesschau.de/inland/bio-fisch-guetesiegel-101.html
  8. https://www.wwf.de/aktiv-werden/tipps-fuer-den-alltag/vernuenftig-einkaufen/einkaufsratgeber-fisch/
Nina Maria Weber

Über Nina Maria Weber

Nina Maria Weber leitet gemeinsam mit Frau Kerschbaum die Beratungsstelle Ernährung und Krebs am Tumorzentrum München und beschäftigt sich viel mit dem Thema gesunder Genuss. ...

Kommentare

Es muss nicht immer Lachs sein – der Fischzüchter der Sterneköche — 4 Kommentare

  1. ich bin vegetarier und esse keinen fisch sehr gute omega 3 quelle ist LEINDOTTERÖL hat 48% omega 3 im bliesgau 2•2,5 literkanister incl. 56 euro also der liter ca. 11 € internet LEINDOTTERÖL bliesgauöl

    • Fisch ist in keinster Weise notwendig als Omega3 Quelle bzw. für eine gesunde Ernährung.

      Es gibt sehr viele Studien die belegen, dass TIERISCHE Produkte KREBS FÖRDERN – und eine PFLANZLICHE vollwertige Ernährung Krebs und sogar Tumore RÜCKGÄNGIG machen können.

      Mal ganz von dem Leiden der Tiere abgesehen.

      Es ist grobe Fahrlässigkeit und unverantwortlich solche Aussagen hier kundzutun.

      Bitte recherchieren Sie nochmals sorgfältig und lesen Sie wissenschaftlich fundierte Studien um keinen Schaden bei den Menschen zu verursachen.

      Vielen Dank!!

      Alles Gute

      K. Mögler

      • Sehr geehrte/r Frau/Herr Mögler,

        vielen Dank für Ihre Nachricht.

        Sie haben Recht, es gibt tierische Produkte, die mit großer Wahrscheinlichkeit im Übermaß eine Krebserkrankung begünstigen können, wie z.B. große Mengen rotes Fleisch Dickdarmkrebs. Hierfür gibt es laut dem WCRF (World Cancer Research Fund) sowie der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung) gute wissenschaftliche Belege. Beide Organisationen geben entsprechende Empfehlungen:
        WCRF: höchstens 350-500 g rotes Fleisch bzw. verarbeitete Fleischprodukte aus rotem Fleisch verzehren (s. https://www.wcrf.org/dietandcancer/cancer-prevention-recommendations)
        DGE: höchstens 300-600 g Fleisch/Fleischprodukte pro Woche verzehren (s. https://www.dge.de/ernaehrungspraxis/vollwertige-ernaehrung/10-regeln-der-dge/?L=0)

        Die DGE empfiehlt u.a. auch 1-2 mal pro Woche Fisch zu essen, davon 1 Portion fettreichen Seefisch, um den Bedarf an essentiellen langkettigen mehrfach ungesättigten Fettsäuren (Omega-3-Fettsäuren), z.B. an DHA (Docosahexaensäure) und EPA (Eicosapentaensäure) zu decken. Diese beiden Fettsäuren kann unser Körper aber auch durch Zufuhr von alpha-Linolensäure (ALA) über die Nahrung selbst herstellen. Gute Quellen für ALA sind beispielsweise Leinöl, Leinsamen, Rapsöl, Walnussöl. Jedoch passiert die Umwandlung nur in geringem Maß, weshalb die DGE den fettreichen Seefisch in ihre Empfehlungen integriert hat.
        Für eine vollwertige und bedarfsdeckende Ernährung empfiehlt die DGE, überwiegend pflanzliche Lebensmittel zu wählen und mit tierischen Lebensmitteln die Auswahl zu ergänzen. Das heißt gute tierische Lebensmittel in Maßen zu verzehren, ist sicher und kann einen entscheidenden Beitrag zur Nährstoffversorgung leisten. Dies kann auch durch eine rein pflanzliche Kost geschehen, wenn diese in der Lebensmittelauswahl ausgewogen und bedarfsdeckend ist. Doch bereits vorhandene Tumore rückgängig machen, kann leider nach derzeitigem Wissensstand keine Ernährungsform.

        Sollten Sie weitere Fragen zum Thema Ernährung und Krebs haben, können Sie sich jederzeit in unserer Beratungsstelle für Ernährung melden oder einen Termin zur Ernährungsberatung vereinbaren.

        Herzliche Grüße und alles Gute
        Sarah Löhnchen

  2. Pingback: Gemeinschaftsküche des Kompetenzzentrums Klinik Bad Trissl ist Partner des Initiativpreises Eckart 2021 | Blog: Wissen gegen Krebs

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