Salbei (Salvia officinalis L.)

Salbei: Nomen est omen
Selten weist der Name einer Pflanze derartig eindeutig auf ihre Heilwirkung hin: Salvia, wie der Salbei im Lateinischen heißt, ist abgeleitet vom lateinischen salvare („retten, heilen“) und salvere („gesund sein“). Zudem signalisiert die Gattungsbezeichnung officinalis die Verwendung in der Apotheke (Officin).

Der Salbei zählt wie Oregano, Lavendel, Rosmarin, Thymian und Basilikum zur Familie der Lamiaceae (Lippenblütler) und stammt ursprünglich aus dem Mittelmeerraum. Mittlerweile findet man ihn jedoch überall in Europa (1).
Die 40 bis 80 cm hohen Salbeisträucher haben grau-grüne, essbare Blätter und Blüten, deren Farbpalette von Blau über Purpurrot bis zu Weiß und Rosa reicht. Die Blütezeit findet in Mitteleuropa zwischen Mai und Juni statt (2). Salbei hat meist einen würzig-bitteren Geschmack und einen kräftigen, aromatischen, herb-kühlen Duft.
Interessant ist, dass eine Salbeiart (Salvia judaica) schon in der Bibel eine wichtige Rolle gespielt hat: der wild wachsende Jüdische Salbei aus der Gegend rund um Jerusalem hat vermutlich in getrockneter und gepresster Form als Vorbild für die siebenarmige Menora gedient (2. Moses 25, 31-35).

 

Salbei in der Naturheilkunde

Zu den Inhaltsstoffen des Salbeis gehören Terpenoide, Labiatengerbstoffe, Flavonoide und Bitterstoffe. Die ätherischen Öle des Salbeis haben entzündungshemmende, antibakterielle und adstringierende (zusammenziehende) Wirkung und werden schon seit langem in der Volksmedizin genutzt. Salbei wird z.B. als Tee, als wässriger oder alkoholischer Auszug oder als Lutschpastillen angewendet.

Salbeiblätter wurden bereits in den Schriften von Hippokrates, Paracelsus, Hildegard von Bingen und Lonicerus, Bock und Matthiolus erwähnt und in der Antike zu ägyptischen, griechischen und römischen Arzneimitteln verarbeitet. Die alten Ägypter nutzen ihn als Fruchtbarkeitsdroge, die Griechen, um Wundblutungen zu stoppen und Geschwüre und Wunden zu reinigen, um die Gedächtnisfunktionen zu verbessern, gegen Husten und Heiserkeit und als Gurgellösung bei Mund- Rachenraumentzündungen (3).
Bei uns wird Salvia officinalis heutzutage vor allem bei entzündlichen Veränderungen in der Mund- und Rachenhöhle, bei leichteren Verdauungsbeschwerden wie Blähungen oder bei übermäßigem Schwitzen verwendet. Es gibt jedoch weitere Indikationen für den Salbei, die in den vergangenen Jahren auch zunehmend Gegenstand der Forschung wurden:

In Zeiten ansteigender Antibiotikaresistenzen spielen Erkenntnisse zu antibakteriellen Eigenschaften von Pflanzen eine wichtige Rolle. So konnten etwa bei Salbei Hinweise auf dessen Wirkung etwa gegen die Bakterien Staphylococcusaureus (4,5) oder Staphylococcusepidermis festgestellt werden. Dabei wirkt Salbei offenbar auch synergistisch (verstärkend) mit dem Antibiotikum Tetracyclin (6).

 

Salvia officinalis scheint eine leicht blutfett – und blutzuckersenkende Wirkung zu besitzen (7, 8).
Bei Wechseljahrsbeschwerden könnten Tabletten aus frischem Salbei zu einer Linderung von Symptomen wie Hitzewallungen und Schweißausbrüchen beitragen (9, 10).

Überaus spannend sind Studienergebnisse, die eine Verbesserung der Gedächtnisleistung sowohl Gesunder wie auch Alzheimerkrankter andeuten (11).

Insbesondere für die Onkologie ist interessant, dass Salbei in Zellstudien zytotoxische (zelltötende) Eigenschaften aufweist (12). Die wissenschaftliche Beweislage ist jedoch bei weitem nicht so weit fortgeschritten, dass Salbei als Krebsbehandlung empfohlen werden könnte.

Einen festen Platz hat der Salbei daher aktuell vor allem bei der Linderung von Nebenwirkungen der Krebstherapie. So nutzen viele Patientinnen und Patienten, die sich einer schleimhautreizenden Krebstherapie unterziehen, die entzündungshemmende Wirkung des Salbeis auf die Mundschleimhaut. Typische Symptome und Beschwerden derartiger Entzündungen (Mukositis) sind Schmerzen und Missempfindungen, Geschwüre und Veränderungen des Geschmackssinnes. Der Salbei wird in diesen Fällen meist als Mundspülung verabreicht.
Bei Männern mit Prostatakrebs könnte der Salbei die Hitzewallungen in Folge einer antiandrogenen Therapie verbessern (13). In wieweit die wechseljahrähnlichen Nebenwirkungen einer anti-östrogenen Therapie bei Frauen mit Brustkrebs durch Salbei gelindert werden kann, ist wissenschaftlich noch nicht ausreichend untersucht worden.

 

Kein pflanzliches Arzneimittel ohne Gegenanzeigen, Nebenwirkungen und mögliche Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln:

  • Selbstverständlich muss Salbei bei einer bekannten Überempfindlichkeit gemieden werden. Auch während der Schwangerschaft und Stillzeit, bei Säuglingen, Kleinkindern und bei bekannter Epilepsie sollten Salbei und Salbeiextrakt vorsichtshalber nicht eingenommen werden (14).
  • Lang andauernde und hochdosierte Einnahme von Salbei als alkoholischem Auszug hat in einzelnen Studien epileptische Anfälle hervorgerufen (14).
  • Salbei kann potentiell zu Wechselwirkungen mit einer gleichzeitig durchgeführten Arzneimitteltherapie führen. Hierzu liegen allerdings bisher wenige Forschungsergebnisse vor. Gesichert ist jedoch die Wechselwirkung mit GABA-Agonisten wie dem Antiepileptikum Pregabalin (14).

 

Quellen:

  1. Blumenthal M, Goldberg A, Brinckmann J., Herbal Medicine Expanded Commission E Monographs. American Botanical Council, Austin 2000, 330-334
  1. Dietmar Aichele, Heinz-Werner Schwegler: Die Blütenpflanzen Mitteleuropas. Band 4, Kosmos-Verlag, Stuttgart.
  1. Madaus G., Lehrbuch der Biologischen Heilmittel, Band III. Georg ThiemeVerlag, Leipzig 1938 Link: http://www.henriettesherbal.com/eclectic/madaus/salvia.html
  1. Raffaella C, Casettari L, Fagioli L, Cespi M, Bonacucina G, Baffone W., Activity of essential oil-based microemulsions against Staphylococcus aureus biofilms developed on stainless steel surface in different culture media and growth conditions. Int J Food Microbiol. 2016 Oct 17;241:132-140. doi: 10.1016/j.ijfoodmicro.2016.10.021. [Epub ahead of print]
  1. Kozłowska M, Laudy AE, Przybył J, Ziarno M, Majewska E., CHEMICAL COMPOSITION AND ANTIBACTERIAL ACTIVITY OF SOME MEDICINAL PLANTS FROM LAMIACEAE FAMILY.Acta Pol Pharm. 2015 Jul-Aug;72(4):757-67.
  1. Chovanová R, Mezovská J, Vaverková Š, Mikulášová M, The inhibition the Tet(K) efflux pump of tetracycline resistant Staphylococcus epidermidis by essential oils from three Salvia species. Lett ApplMicrobiol.2015 Jul;61(1):58-62. doi: 10.11 11/lam.12424. Epub 2015 May 1.
  1. Sá CM, Ramos AA, Azevedo MF, Lima CF, Fernandes-Ferreira M, Pereira-Wilson C., Sage tea drinking improves lipid profile and antioxidant defences in humans.Int J Mol Sci. 2009 Sep 9;10(9):3937-50. doi: 10.3390/ijms10093937.
  1. Kianbakht S1, Dabaghian FH.Improved glycemic control and lipid profile in hyperlipidemic type 2 diabetic patients consuming Salvia officinalis L. leaf extract: a randomized placebo. Controlled clinical trial.CompleMmentTher Med. 2013 Oct;21(5):441-6. doi: 10.1016/j.ctim.2013.07.004. Epub 2013 Aug 6.
  1. Bommer S, Klein P, Suter A., First time proof of sage’s tolerability and efficacy in menopausal women with hot flushes.AdvTher. 2011 Jun;28(6):490-500. doi: 10.1007/s12325-011-0027-z. Epub 2011 May 16.
  1. Ghazanfarpour M, Sadeghi R, Abdolahian S, LatifnejadRoudsariR., The efficacy of Iranian herbal medicines in alleviating hot flashes: A systematic review. Int J Reprod Biomed (Yazd). 2016 Mar;14(3):155-66.
  1. Miroddi M, Navarra M, Quattropani MC, Calapai F, Gangemi S, Calapai G., Systematic review of clinical trials assessing pharmacological properties of Salvia species on memory, cognitive impairment and Alzheimer’s disease. CNS NeurosciTher. 2014 Jun;20(6):485-95. doi: 10.1111/cns.12270. Epub 2014 Apr 10.
  1. Kadioglu O, Efferth T, Pharmacogenomic Characterization of Cytotoxic Compounds from Salvia officinalis in Cancer Cells. J Nat Prod. 2015 Apr 24;78(4):762-75. doi: 10.1021/np501007n. Epub 2015 Feb 25.
  1. Vandecasteele K1, Ost P, Oosterlinck W, Fonteyne V, Neve WD, Meerleer GD, Evaluation of the efficacy and safety of Salvia officinalis in controlling hot flashes in prostate cancer patients treated with androgen deprivation. Phytother Res. 2012 Feb;26(2):208-13. doi: 10.1002/ptr.3528. Epub 2011 Jun 1.
  1. http://www.ema.europa.eu/docs/en_GB/document_library/Herbal_-_HMPC_assessment_report/2010/02/WC500070850.pdf
Wolfgang Doerfler

Über Wolfgang Doerfler

Wolfgang Doerfler leitet die Beratungsstelle für Komplementärmedizin und Naturheilkunde am Tumorzentrum München. Er verfasst Blogbeiträge zum Thema wissenschaftlich basierte Naturheilkunde und Lebensstil-Medizin.

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