Paradeiser in paradiesischer Vielfalt

„Das sollen Tomaten sein?“ Ungläubige Blicke angesichts der Köstlichkeiten auf unseren Tellern. Wir stehen inmitten einer traumhaft schönen Landschaft, umgeben von Weinbergen. Die Sonne ist dabei unterzugehen und taucht das Bild in ihr goldenes Licht, während eine kleine Gruppe von Musikern die fröhliche Unterhaltung der auf Holzbänken sitzenden Gäste untermalt. Pittoresk, so würde man die Szenerie wohl am besten bezeichnen – vielleicht auch als kitschig, je nach Gemütslage. Aber all dies ist nur Beiwerk für die Hauptattraktion des Abends: Die Tomate.

 

 

Pünktlich zum Saisonauftakt wird dieser Frucht gehuldigt, die eine so große Rolle im Speiseplan der  meisten Europäer spielt. Mit einem Tomaten- oder, wie es hier heißt, „Paradeiserfest“ mitten in Südtirol auf dem Weingut Griesbauerhof. Die Sterneköche Anna Matscher und Herbert Hintner, die auch das Tumorzentrum mit vielen ihrer Rezepte unterstützen, verhelfen der Tomate zu ihrem großen Auftritt. Unter anderem werden hier Tomaten als Praline mit Joghurt und süßem Tomaten-Kompott als Kern serviert, ein Tomaten-Tiramisu oder – ganz klassisch – Tomaten-Risotto.

 

Das Interessante ist neben der Zubereitung auch die Vielfalt der alten Sorten, die hierzu verwendet werden. Sie besitzen so schöne Namen wie Black Heart, Coeur de Pigeon, grüne Zebra-Cherry, Himmelsglück oder Miss Kennedy. Beim Anblick einiger von ihnen wird klar, warum die Tomate im italienischen „Pomodoro“ (Goldapfel) genannt wird. Anders als die klassische Supermarkt-Tomate sind diese hier mitunter schneeweiß, cremefarben oder goldgelb. Aber auch grüne und violette Tomaten findet man in den unterschiedlichsten Formen: glatt, gerippt, gefurcht, herzförmig oder innen hohl. Man beginnt zu begreifen, wie lange der Weg von der Ursprungstomate aus den peruanischen Anden über Süd- und Mittelamerika bis zu uns nach Europa war.

 

Je nach Sorte variieren auch die Inhaltstoffe der Tomaten wie Carotinoide, Polyphenole oder Vitamine, insbesondere das Lycopin, das im Zusammenhang mit Prostatakrebs immer wieder Erwähnung findet. Wichtig ist hierbei, die Tomate vor dem Verzehr zu zerkleinern und zu erhitzen, damit die Fruchtzelle aufgebrochen und das Lycopin besser verfügbar gemacht wird. Mehr zu den Krebs-relevanten Inhaltstoffen der Tomate haben wir auch in einem früheren Blogbeitrag „Schützt Lycopin aus Tomaten tatsächlich vor Prostatakrebs?“ erläutert.

 

 

Die Vielfalt der Tomatensorten wurde im Zuge der Produktivität und gemäß dem vermeintlichen Wunsch des Verbrauchers immer mehr reduziert. Wurden die ersten europäischen Tomaten noch in vielen Farben angebaut, werden sie heute meist halbreif in südlichen Gefilden gepflückt, um hier rot und leider oft wässrig im Supermarkt das ganze Jahr über verfügbar zu sein. Trotz des Interesses vieler Verbraucher hat der Freilandanbau in Deutschland nur noch wenig Bedeutung. Zu hoch ist die Gefahr von Pilzerkrankungen, geplatzten und anderweitig äußerlich beschädigten Früchten durch Regen und Wind. Zu hoch der Arbeitsaufwand, zu niedrig der Ertrag.

 

 

Beim Anblick dieser Fülle an Variationen und Geschmacks-Explosionen kann man nur jedem ans Herz legen, sich selbst auf die Suche zu begeben und außerhalb der Supermarktregale nach alten Tomaten-Sorten zu stöbern. Für alle, die jetzt auf den Geschmack gekommen sind, haben wir nächste Woche noch ein kleines kulinarisches Geschenk. Exklusiv für das Tumorzentrum München hat Sterneköchin Anna Matscher zwei Tomaten-Rezepte kreiert. Freuen Sie sich auf nächsten Montag!

Nina Maria Weber

Über Nina Maria Weber

Nina Maria Weber leitet gemeinsam mit Frau Kerschbaum die Beratungsstelle Ernährung und Krebs am Tumorzentrum München und beschäftigt sich viel mit dem Thema gesunder Genuss. ...

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