Kaffee (Coffea L.)

Geschichte

Zahlreiche Mythen ranken sich um die Erfindung des Kaffees als anregendes Genussmittel. Am bekanntesten ist die Geschichte eines Maronitenmönchs aus der Provinz Kaffa im Hochland Äthiopiens, der die Klagen der Ziegenhirten hörte. Sie sprachen darüber, dass einige ihrer Ziegen abends keinerlei Müdigkeit zeigten. Er ging der Sache nach und es stellte sich heraus, dass die Ziegen, die keine Ruhe fanden, zuvor von einer Pflanze mit grünen, gelben und roten Kirschen gefressen hatten – die Kaffeepflanze. Der Mönch braute sich daraufhin selbst einen Trunk aus der Pflanze und siehe da, seine Müdigkeit war wie weggeblasen [1].

 

Als Genussmittel ist Kaffee inzwischen aus unserem Kulturkreis kaum mehr wegzudenken. Das ursprüngliche, alt-arabische Wort „qahwa“ bedeutet so viel wie Lebenskraft oder Stärke und wurde ebenfalls als Wort für Wein gebraucht. Dies deutet schon auf die große Relevanz hin, welche die kleine Bohne seit jeher innehatte (eine weitere Erklärung ist, dass das Bohnengetränk den Namen vom Wein übernommen hat, weil dieser vom Islam verboten ist) [2]. Dabei ist die Bezeichnung „Bohne“ botanisch gesehen falsch: Vielmehr handelt es sich um die gerösteten Samen der Kaffeepflanze. Die Gattung der Coffea umfasst etwa 70 Arten, wobei die bekanntesten und weltweit häufigsten Arten Coffea arabica und Coffea canephora var. robusta darstellen [3]. Der Ursprung der Kaffeepflanze liegt vermutlich tatsächlich im heutigen Äthiopien. Von dort aus verbreitete sie sich rund um den Globus. Die Haupt-Anbaugebiete befinden sich heute in Brasilien, Vietnam und Kolumbien [4].

 

Gesundheit und Ernährung

Kaffee besaß jahrelang den Ruf, ungesund zu sein, nervös und unruhig zu machen und sogar die Lebenszeit zu verkürzen. Letzteres wurde inzwischen wiederlegt. Man hatte bei den Untersuchungen vergessen, die allgemeine Lebensweise der Probanden zu berücksichtigen. Da viele der regelmäßigen Kaffeetrinker auch Raucher waren, wurden die Ergebnisse dadurch verfälscht. Ohne diesen Faktor scheint der Kaffee-Konsum sogar mit einer niedrigeren Gesamtsterblichkeit einherzugehen. Die gesteigerte Nervosität, die einige Menschen nach dem Genuss von Kaffee verspüren, rührt von der Eigenschaft des Koffeins, an die Adenosinrezeptoren unseres Körpers anzudocken. Dadurch verdrängt er den Botenstoff Adenosin, der Müdigkeit auslöst. Zudem erhöht Koffein den Herzschlag, steigert die Konzentration und erweitert die Bronchien [5]+.

 

Ein weiteres Vorurteil besagt, Kaffee entziehe dem Körper Wasser. Grund dafür sind die diuretisch wirkenden Inhaltsstoffe wie Koffein und Methylxanthine wie Theophyllin und Theobromin. Es zeigte sich, dass eine Menge von etwa 250-300 mg Koffein (entspricht etwa 2 bis 3 Tassen Kaffee) auf einmal gegeben zu erhöhtem Harndrang führt. Bei regelmäßigem Konsum entwickelt der Körper jedoch eine Toleranz gegenüber dieser diuretischen Wirkung [5]. Bis zu vier Tassen Kaffee am Tag, so die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE), sind für unseren Körper tolerabel. Ausgenommen hiervon sind natürlich geschwächte und schwangere Personen [6].

 

Über die Wirkung des Kaffeekonsums auf den menschlichen Organismus scheiden sich die Geister. Während einige Studien beispielsweise den positiven Effekt hohen Koffein-Konsums im Fall von Kopfschmerzen oder (chronischer) Migräne attestieren, sehen andere einen möglichen Zusammenhang mit einem erhöhten Risiko für chronische Kopfschmerzen [7].

In einer Untersuchung vom Anfang dieses Jahres wiederum zeigte sich, dass geringe Mengen von Koffein antidepressiv wirken sowie eine Verbesserung der geistigen Fähigkeiten bei Patienten mit Depression hervorrufen können [8].

Die Polyphenole (ebenfalls sekundäre Pflanzenstoffe) im Kaffee stehen zudem im Verdacht, die Autophagie unserer Zellen zu stimulieren. Das ist eine Art Recycling-Programm unseres Körpers, in dem fehlerhafte Bestandteile der Zellen abgebaut und wiederverwendet werden [9]. Dieser Vorgang steht unter anderem im Zusammenhang mit einer schützenden Wirkung vor Erkrankungen wie gewissen Krebsarten, Infektionen, Erkrankungen, Stoffwechselstörungen wie Diabetes, neurodegenerativen und chronisch entzündlichen Erkrankungen [10]. Schlechte Nachrichten gibt es dabei für alle, die ihren Kaffee nur mit Milch zu sich nehmen: Tierische Proteine stehen im Verdacht, die Autophagie-Prozesse zu hemmen. Bei pflanzlich-basierter Milch, wie etwa Mandelmilch, konnte ein solcher hemmender Effekt hingegen nicht beobachtet werden [9].

 

Die möglicherweise krebspräventiven Eigenschaften von Kaffee sind seit langem Gegenstand der Forschung. So konnte die groß angelegte europäische Langzeitstudie EPIC 2014 bei Probanden mit erhöhtem Kaffee-Konsum ein bis zu 72% reduziertes Risiko feststellen, an hepatozellulärem Karzinom (Leberkrebs) zu erkranken.  [11] [12]. Auch eine kürzlich erschienene Studie konnte eine potentiell schützende Wirkung durch Kaffee-Konsum bezüglich des Risikos, an Basalzellenkrebs zu erkranken, nachweisen. [13].

 

Auf der anderen Seite gibt es warnende Stimmen, die sich auf die Inhaltstoffe Acrylamid und Furan beziehen. Diese Substanzen entstehen beim Rösten der Kaffeebohnen und wurden in Tierversuchen als krebserregend und erbgutschädigend eingestuft [14]. Hier gab die International Agency for Research on Cancer (IARC) zusammen mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) nach der Sichtung von über 1000 Studien zu diesem Thema 2016 allerdings Entwarnung: Es gebe keine ausreichenden Beweise für eine karzinogene Wirkung von Kaffee. Vor einigen Tumorarten scheine der Konsum von Kaffee sogar zu schützen. Eine Einschränkung fügte die WHO jedoch bei: Der regelmäßige Konsum sehr heißer Getränke kann das Risiko, an Speiseröhren-Krebs zu erkranken, steigern [15].

 

Fazit:

Kaffee besitzt einige gesundheitsfördernde Eigenschaften, erscheint aber oft als zweischneidiges Schwert. Je nach Konstitution kann er wach und konzentriert machen oder zu nervösen Schweißausbrüchen führen. Trotz der potentiell schützenden Wirkung in Bezug auf einige Tumorarten sollte niemand, der das Getränk bisher verschmäht hat, zum Konsum ermuntert werden.  All diejenigen jedoch, die einen guten Kaffee zu schätzen wissen, genießen ihn nach der Lektüre dieses Artikels vielleicht noch mehr. Es bleibt noch zu erwähnen, dass gerade bei Kaffee die Produktionsbedingungen eine wichtige Rolle spielen. Ein ausgezeichneter Kaffee schmeckt bestimmt noch einmal  so gut, wenn er unter sozial verträglichen Bedingungen hergestellt wurde.

 

Quellen:

[1] Deutscher Kaffeeverband e.V., „Die Entdeckung der Kaffeepflanze,“ http://www.kaffeeverband.de/kaffeewissen/kaffeekultur/geschichte/entdeckung-der-kaffeepflanze.

[2] N. Osman, Kleines Lexikon deutscher Wörter arabischer Herkunft, Bd. 456, C.H.Beck, 2010.

[3] J. Wintgens, Coffee: Growing, Processing, Sustainable Production: A Guidebook for Growers, Processors, Traders, and Researchers, W. Verlag, Hrsg., 2004.

[4] Deutscher Kaffeeverband e.V. , „Kaffeeanbau,“ http://www.kaffeeverband.de/kaffeewissen/von-der-pflanze-zur-bohne/kaffeeanbau.

[5] M. Melzer, „Kaffee: Gesund, oder ungesund?,“ Apotheken-Umschau, 29 Dez 2015.

[6] G. J. Maughan RJ, „Caffeine ingestion and fluid balance: a review,“ J Hum Nutr Diet, Bd. 16, Nr. 6, pp. 411-420, 2003.

[7] Deutsche Gesellschaft für Ernährung, „Presseinformation: Presse, DGE aktuell,“ 30 07 2015. https://www.dge.de/presse/pm/bei-grosser-hitze-ausreichend-fluessigkeit-fuer-senioren/

[8] Hagen K, et a.; „High dietary caffeine consumption is associated with a modest increase in headache prevalence: results from the Head-HUNT Study.,“ J Headache Pain, Bd. 10, Nr. 3, pp. 153-9, Jun 2009.

[9] Liu,Q et al.; „Low dose of caffeine enhances the efficacy of antidepressants in major depressive disorder and the underlying neural substrates,“ Mol. Nutr. Food Res, Jan 2017.

[10] Pietrocola F, et al. „Coffee induces autophagy in vivo,“ Cell Cycle, Bd. 13, Nr. 12, pp. 1987-1994, Apr 2014.

[11] B. Levine, M. Packer und P. Codogno, „Development of autophagy inducers in clinical medicine,“ J Clin Invest., pp. 14-24, Jan 2015.

[12] Bamia C, et al. „Coffee, tea and decaffeinated coffee in relation to hepatocellular carcinoma in a European population: Multicentre, prospective cohort study,“ Int J Cancer., Bd. 136, Nr. 8, pp. 1899-908, Apr. 2015.

[13] Aleksandrova K., et al., „The association of coffee intake with liver cancer risk is mediated by biomarkers of inflammation and hepatocellular injury: data from theEuropean Prospective Investigation into Cancer and Nutrition,“ Am J Clin Nutr, Bd. 102, Nr. 6, pp. 1498-508, Dec 2015.

[14] Caini S, et al. „Coffee, tea and caffeine intake and the risk of non-melanoma skin cancer: a review of the literature and meta-analysis.,“ Eur J Nutr, Bd. 56, Nr. 1, pp. 1-12, Feb 2017.

[15] Öko-Test, „Kaffee – Wer handelt fair?,“ 2014. http://www.oekotest.de/cgi/index.cgi?artnr=102891&bernr=04.

[16] International Agency for Resaerch on Cancer/ World Health Organization, „IARC Monographs evaluate drinking coffee, maté, and very hot beverages – press release N°244,“ 15 Jun 2016. https://www.iarc.fr/en/media-centre/pr/2016/pdfs/pr244_E.pdf.

Nina Maria Weber

Über Nina Maria Weber

Nina Maria Weber leitet gemeinsam mit Frau Kerschbaum die Beratungsstelle Ernährung und Krebs am Tumorzentrum München und beschäftigt sich viel mit dem Thema gesunder Genuss. ...

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